Die Gegner eines Supermarkts am nördlichen Ortsrand von Bichl lassen nicht locker. Vor zwei Jahren hatten sie einen Bürgerentscheid herbeigeführt, in dem sich eine hauchdünne Mehrheit von 50,99 Prozent jedoch für den Bau des Netto-Discounters aussprach, den die Gemeinde rechts von der Staatsstraße 2063 in Richtung Penzberg plante. Nun haben sie 225 Unterschriften - 61 mehr als erforderlich - für einen zweiten Bürgerentscheid gesammelt. Die Liste wollten sie am Dienstagabend im Gemeinderat übergeben. "Das ist Demokratie", seufzt Bürgermeister Benedikt Pössenbacher (UBB), fügt aber hinzu: "Zur Demokratie gehört aber auch, dass man ein Ergebnis mal akzeptiert."
Das zweite Bürgerbegehren ist zulässig, weil die Gemeinde ihre Planung modifiziert hat: Der Netto-Markt soll rechts der Straße nun ganz nahe an Bichl rücken und damit nicht so weit entfernt sein, wie ursprünglich vorgesehen. Die andere Flurnummer macht den neuen Anlauf der Gegner erst möglich. Für Pössenbacher ging die Gemeinde damit auf ein Argument der Bürgerinitiative ein, die moniert hatte, dass der Supermarkt wegen der Distanz zum Ort nicht der Nahversorgung diene. "Das haben wir aufgenommen und eine gute Lösung gefunden", sagt der Bürgermeister. "Und jetzt passt es wieder nicht." Dagegen hält Harald Distler von der Bürgerinitiative "Kein Einkaufsmarkt im Norden von Bichl" die Abstimmung im Mai 2014 für rechtswidrig. Er begründet dies mit einer Information, die Bürgermeister Pössenbacher im nicht-öffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung im Januar 2014 gegeben habe. Demnach lehnte die Regierung von Oberbayern schon Ende 2013 die vorgesehene Fläche für das Projekt ab, weil das Grundstück eben zu weit von Bichl entfernt liege und damit das Anbindegebot verletzt werde. Einen Monat später wurde das Bürgerbegehren vom Gemeinderat beschlossen. Das Gremium habe es versäumt, dieses Begehren "nach materiellem Recht" zu prüfen, so Distler. Das Anbindegebot sei erfüllt, weil sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite des neuen Standorts einige Bauparzellen befinden, erwidert Pössenbacher.
Eine Beschwerde der Bürgerinitiative an das bayerische Innenministerium wurde von dort zurück an das Landratsamt verwiesen. In Bad Tölz sieht man keinen Anlass für eine rechtliche Prüfung. "Das ist ein abgeschlossener Sachverhalt", sagt Iris Korth, Sachgebietsleiterin Kommunalwesen. Die Bindungsfrist des Bürgerentscheid von 2014 sei voriges Jahr abgelaufen, "da wird nichts mehr aufgerollt". Nötig wäre ansonsten eine umfangreiche Prüfung durch das Landratsamt. "Für was? Für nichts", sagt Korth. Außerdem spiele dies auch keine Rolle, weil der nächste Bürgerentscheid anstehe. "Wir werden unsere Kraft schön sparen." Für Distler ist die Sache damit jedoch nicht erledigt. Er will sich an die Regierung von Oberbayern wenden.
Eine verschandelte Landschaft, Bodenersiegelung - an diesen Einwänden gegen den Netto-Markt halten die Gegner weiterhin fest. Außerdem glaubt Distler, dass Bichl mit seinen 2000 Einwohnern zu klein für einen Supermarkt sei. Dies zeige das Beispiel Waldram, wo der Edeka-Pächter seine Filiale schließen will. Der Ortsteil von Wolfratshausen sei mit 4000 Einwohnern immerhin doppelt so groß wie Bichl. Distler mutmaßt, dass der neue Markt mit 1195 Quadratmetern Verkaufsfläche der "reinen Bevorratung" dienen soll.
Über den zweiten Bürgerentscheid muss der Gemeinderat befinden. "Wir haben keinen Fehler drin", glaubt Distler. Auch Bürgermeister Pössenbacher hegt kaum Zweifel daran, dass das Gremium grünes Licht geben wird. "Wenn die Unterschriften da sind, wird der Gemeinderat sagen, dann stimmen die Bürger ab", ist er sich sicher.