Beratungsstelle:Sich selbst wiederfinden

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Das Team des psychologischen Fachdienstes der Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Landkreis Bad Tölz Wolfratshausen (von links): Ingrid Brenner, Conny Fedke, Lisa Stenuf, Mirjam Haus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Erzdiözese im Landkreis hilft Menschen, Beziehungen zu retten oder Trennungen zu bewältigen

Von Felicitas Amler, Geretsried

Wenn die Kinder kommen und wenn sie gehen: Das sind Einschnitte im Familienleben, die eine Partnerschaft auf die Probe stellen können. Die Mitarbeiterinnen der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle im Landkreis haben häufig mit Menschen zu tun, die dann Hilfe suchen. Die Einrichtung, die vollständig von der Erzdiözese München und Freising finanziert wird, aber überkonfessionell arbeitet, ist vor Kurzem umgezogen. Leiterin Conny Fedke und ihre drei Kolleginnen haben sich, die Räume und ihr Aufgabenspektrum daher neu vorgestellt.

Hell, offen, freundlich - so wirkt das neue Ambiente, und so möchten die Beraterinnen auch ihre Klienten aufnehmen. An der früheren Adresse in Wolfratshausen sei es nicht nur zu eng geworden, nachdem das Personal von 1,5 Stellen plus freie Mitarbeit auf vier fest Angestellte aufgestockt wurde, sagt Fedke, es sei dort auch finsterer gewesen. In dem Block an der Egerlandstraße 76 in Geretsried, in dem auch Ärzte und andere Organisationen angesiedelt sind, herrsche ein angenehmeres Klima. Gut für Situationen wie jene, in denen Menschen hierherkommen.

Im vergangenen Jahr zählte die Beratungsstelle 282 Klienten, davon 92 Paare. Der psychologische Fachdienst - zu dem neben Fedke noch Ingrid Brenner, Lisa Stenuf und Mirjam Haus gehören - leistete 1752 Beratungsstunden, 438 mehr als im Vorjahr. Hinter den nüchternen Zahlen stehen vielerlei Probleme und Konflikte. Die Ratsuchenden kämen überwiegend wegen Fragen der Partnerschaft und Sexualität (47 Prozent), erklärt Fedke, außerdem bei Fragen des familiären Zusammenlebens (26 Prozent) und Beratung bei Trennung und Scheidung (23 Prozent). Tod und Trauer spielten eine Rolle, Patchworkfamilien, Lebenskrisen. Die Dauer der - grundsätzlich kostenlosen - Beratung reicht von ein, zwei "Clearinggesprächen" bis zu tiefergehenden Prozessen mit mehr als 25 Sitzungen.

Oft gehe es um "hochstrittige Trennungskonflikte", sagen die Beraterinnen, die ausgebildete Pädagoginnen und Psychologinnen sind. Nach außen werde über den Umgang mit den Kindern, über Geld und Immobilien gezankt, aber dadurch würden nur schwere emotionale Auseinandersetzungen verdeckt. "Es wird an der Oberfläche über Hab und Gut gestritten, darunter liegen Kränkungen." Ziel des Beratungsprozesses sei es in jedem Fall, die Beziehung zu klären - nicht einen bestimmten Ausgang anzustreben. Oft kämen Paare, die sagten: "Wir können nicht mehr miteinander reden. Alles eskaliert sofort." Vielfach seien die äußeren Bedingungen erschwert, weil der Alltag aus Familie und Beruf so viel Raum einnehme, dass für die Partnerschaft wenig bleibe: "Das Paar verliert sich oft so aus dem Blick." In der Beratung gehe es darum, eigene Wünsche und Bedürfnisse wiederzuentdecken. Selbstachtung und Selbstliebe seien die Grundlage für eine harmonische Beziehung.

Fedke arbeitet bereits seit 24 Jahren in der Beratungsstelle. Früher hätten überwiegend die Frauen den Anstoß gegeben, eine solche Einrichtung aufzusuchen, das habe sich verändert, sagt sie, inzwischen kämen auch Männer ganz für sich allein. Sich beraten zu lassen, und dies auch rechtzeitig, sei allgemein in der Gesellschaft mehr zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Und wenn die Menschen am Ende sagen könnten: Ich habe hier Dinge über mich erfahren, die wusste ich vorher nicht, dann sei ein wichtiges Ziel erreicht.

Die oft gehörte Meinung, heutzutage würden Beziehungen leicht mal eben gelöst, teilen die Beraterinnen nicht so grundsätzlich. "Es gibt viele Menschen, die sehr ringen um ihre Beziehung und um ihre Familie", sagen sie.

Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Egerlandstraße 76, Geretsried, Telefon 08171/167 16, E-Mail: geretsried@eheberatung-oberbayern.de; die Beratung kostet nichts, wer möchte, spendet etwas

© SZ vom 15.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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