Benediktbeurer Konzertsommer:Sie san die Hautevolee

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Mit Reinhard Fendrich war im Benediktbeurer Klosterhof fast wie früher. Doch der alte Austropopper ist längst in der Gegenwart angekommen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Rainhard Fendrich ist mit 60 braun gebrannt, schlank und lässig. Und sein Publikum in Benediktbeuern hat die Achtziger auch selber miterlebt. Zusammen haben sie es immer noch drauf

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Rainhard Fendrich ist offensichtlich das Zugpferd der neuen Veranstaltungsreihe "Benediktbeurer Konzertsommer": 2500 Leute strömen an diesem lauen Freitagabend in den Maierhof, viele aus der Generation 50 Plus. Kein Wunder, ihre Zeit war seine große Zeit. Die Achtzigerjahre, als der Austropop blühte und Fendrich, Ambros, Danzer und Falco im Radio rauf und runter gespielt wurden. In den Neunzigern wurde es musikalisch stiller um Fendrich: 1993 übernahm er von Rudi Carrell die Moderation der ARD-Sendung "Herzblatt". Ein smarter Entertainer ist der inzwischen 60-Jährige immer noch: braun gebrannt, schlank, die Haare lässig hinter die Ohren frisiert. Seine jahrelange Kokainsucht hat äußerlich keine Spuren hinterlassen. "Es ist uns eine große Freude, dass wir hier wieder zu Gast sind in dieser klerikalen Umgebung", sagt er artig.

Dann beginnt er zu spielen, ein buntes Potpourri aus diversen seiner 16 Alben. Auch einige wenige Lieder aus der aktuellen CD "Besser wird`s nicht", die Fendrich selbst produziert hat, sind dabei. Das Hit-verdächtige "Schön Shoppen" zum Beispiel. Oder das mitreißende "Frieda" über pubertäre Nöte aus dem Album "Männersache". Eingängige Melodien zwischen Pop, Country und Bossa Nova, verpackt in ansprechende Arrangements, die Texte oft gut beobachtete Satiren auf Gesellschaft und Lifestyle: der "Tango Korrupti", Bussi-Gesellschaft, Partnerbörse, Midlife-Crisis.

Zwischen den Liedern wird viel geplaudert, Witze gemacht, Persönliches aus der Kindheit erzählt. Etwa über den Schulkameraden, der einfach keinen Stich bei den Frauen machte. "Typ Woody Allen, aber nur halb so witzig." Auch Politisch wird Fendrich bisweilen, bleibt dabei aber an der ungefährlichen Oberfläche: "Wenn ein Staat pleite macht, wird Geld nachgedruckt, aber nur ein Känguru kann mit leerem Sack große Sprünge machen." Oder: "Terrorismus ist eine furchtbare Geißel, aber eine ganze Religion unter Generalverdacht zu stellen, ist sehr gefährlich", sagt er als Anmoderation zu seinem Lied "Brüder", ein Herzblut-Song über Fremdenfeindlichkeit. Den spielt Fendrich nach der Pause, als die Anekdoten und das routinierte Entertainment weniger und richtig gute Musik mehr wird. Dann nämlich, als er seine Musiker, allen voran den genialen Gitarristen Robby Musenbichler von der Kandare lässt, die in tollen Soli und jazzigen Improvisationen zeigen, was sie drauf haben. Da springt auch im Publikum der Funke über.

Bei "Mei Tscheneräischen" zum Beispiel, seiner Hymne auf die Flower-Power-Zeit: "Mei Tscheneräischen war a Schand für's Militär, mei Tscheneräischen hätt sie in kan Panzer g'setzt." Oder seine Verbeugung vor Georg Danzer, "den unangefochtenen König des Wiener Chansons". Fendrich, Danzer und Wolfgang Ambros bildeten von 1997 bis zu Danzers Krebstod im Jahr 2007 das Trio "Austria 3". Am Freitag spielt Fendrich Danzers "Ruf mi ned an", ein starkes Lied, "eines seiner schönsten", wie Fendrich sagt.

Dann geht es Schlag auf Schlag: Strada del Sole" - "des Lied is so alt, da hat ma in Italien no mit da Lira bezahlt, und wenn's ganz blöd hergeht, wern mia des a bald wieder tun." Das wunderbar böse "Es lebe der Sport", "Blond", "I am from Austria", "Macho Macho", als dritte Zugabe das Gänsehautlied "Weilst a Herz host wia a Bergwerk". Fendrich rockt die Bühne, die Achtziger sind zurück. Da sind längst alle von ihren Stühlen aufgesprungen, der Raum vor der Bühne ist mit wogenden Menschen gefüllt, es wird euphorisch geklatscht und mitgesungen. Man muss kein Fendrich-Fan sein - die Texte seiner größten Hits hat man drauf. Sie haben sich im kollektiven Gedächtnis einer ganzen Generation eingenistet. Früher habe man nach drei, vier Tönen gewusst, welches Lied gespielt werde, sagt Fendrich. "Ich weiß nicht, ob das heute auch noch funktioniert." Es funktioniert - drei Töne und alles singt: "Mia san die Hautevolee".

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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