Benediktbeuern:Musikalisches Konfekt

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Andreas Pehl (3.v.l.) und Robert Schröter (2.v.l.) konzertieren mit Gesine Petersmann (l.) und Brendan O'Donnell im Barocksaal. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Andreas Pehl und Robert Schröter laden letztmals zum Silvesterkonzert in den Barocksaal ein. In diesem Jahr wechseln die Veranstalter wohl in den Allianzsaal des Zentrums für Umwelt und Kultur

Von Sabine Näher, Benediktbeuern

Vermutlich zum letzten Mal hat das Silvesterkonzert von Andreas Pehl und Robert Schröter im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern stattgefunden. Künftig, so kündigte Schröter an, werde man zu den Aufführungen in den Allianzsaal des Zentrums für Umwelt und Kultur im Maierhof des Klosters einladen. Dabei haben die Konzerte im Barocksaal eine lange Tradition - 17 mal fanden sie dort statt - und haben längst viele Liebhaber gefunden.

Der Sänger und der Cembalist bieten dabei eine ganz besondere Melange, die so nirgends sonst zu haben ist. Einerseits tragen sie akribisch jede Menge Wissenswertes zum jeweiligen Thema zusammen (Pehl ist auch Buch- und Radio-Autor), verpacken diese Informationen dann aber in einen musikkabarettistischen Stil, der höchste Unterhaltsamkeit garantiert. Während im herkömmlichen Musikkabarett die musikalischen Darbietungen meist nur mit dem Kabarett-Bonus gewertet werden dürfen, sind hier auch diesbezüglich Vollprofis am Werk.

Zu "Musicalischem Tafel-Confect" hatten Pehl und Schröter, unterstützt von Brendan O'Donnell, Blockflöte, und Gesine Petersmann, Barockcello, am Silvesterabend eingeladen. Der Titel nimmt Bezug auf eine Sammlung vokaler und instrumentaler Werke des Benediktinermönchs, Komponisten, Organisten und Chorleiters Johann Valentin Rathgeber (1682-1750). Aus dieser stammte auch die Eingangsmusik. Als Pehl zum ersten Ton ansetzte, fuhr die Cellistin dazwischen: "'Von den Weibsbildern' heißt das Stück? Na, das geht ja gar nicht!" Nur mit der Bestechung durch Konfekt ("Na gut, für jede Strophe eine Praline!") war sie schließlich zur Mitwirkung zu bewegen. Das Stück war nun wirklich harter Tobak ("Lang am Haar, kurtz am Verstand, ist das Weibs-Volck wie bekandt") und nur versüßt mit Schokolade zu ertragen. Beziehungsweise mit dem besonderen Augenzwinkern, für welches diese Veranstaltung bekannt ist.

Die Kulturgeschichte der Schokolade, die bereits 500 vor Christi begonnen hat, entblätterte sich im Folgenden aufs Unterhaltsamste. Dass der Kakao, als er nach Europa kam, zunächst vor allem in Klöstern verarbeitet wurde, obwohl man ihm aphrodisierende Wirkung nachsagte, ließ interessante Betrachtungen zu. Die eingestreuten musikalischen Perlen, Pardon: Pralinen, waren allesamt köstliche Leckerbissen und höchst amüsant anmoderiert. So wurde Glucks Arie "O del mio dolce ardor" vom Übersetzungsprogramm kurzerhand zur "Kuchen-Begeisterung" erklärt, eine Sichtweise, der sich die Interpreten mit Vergnügen anschlossen. Ein betörend flirrendes Cembalo, ein samtiges Cello, die dunkel leuchtende Stimme Pehls und die zart lockende Flöte waren jedenfalls Verführung pur - wozu auch immer.

Andreas Pehl, als Moderator wie Sänger ein Genuss, bewies an diesem Abend, dass noch mehr Talente in ihm schlummern: Zu Händels "Venti, turbini" bediente er die Windmaschine, in Telemanns Kantate "Pastorella, venga bella" griff er zum Kontrabass, den er strich, während er sang. In dessen "Kaffeklatschterzett" bewies er eine komödiantische Begabung, indem er die Männer- und Frauenrollen in rasantem Wechsel zugleich bestritt.

Telemanns "Ha ha, wo will wie hütt noch danzen", angekündigt als "Telemann einmal politisch inkorrekt: mit einer Kantate über das Antanzen - am Silvesterabend!", verlangte dem gebürtigen Münchener dagegen besondere sprachliche Flexibilität ab. Erlesen bot Franz Xaver Baptist Sedlmayrs Arie "Celeste dono, dolce amor" dar. Von Schröter angekündigt als "garantiert authentisches Stück Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts" entpuppte sie sich als Total-Fake, eine irre Mischung aus Bachs Weihnachtsoratorium und Mozarts "Zauberflöte". Die alternativen Fakten machen eben auch vor dem Silvesterkonzert nicht Halt.

"Schokolade beinhaltet den Wirkstoff, den der Körper produziert, wenn er verliebt ist", hatte Pehl vor dem letzten Stück, der Kantate "Il Nome" von Johann Adolph Hasse, erklärt. Entweder waren alle Interpreten verliebt oder sie hatten reichlich Schokolade genascht: Euphorisch hob die erste Arie an; abgehoben schwebend, quasi im Glückstaumel, präsentierte sich die zweite. Lebhafter Beifall war der Lohn, den Schröter zum Anlass nahm, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass sich das Publikum 2018 im benachbarten Allianzsaal einfinden möge.

Zum letzten Mal im Barocksaal gab es also auch eine der ausgefallenen Zugaben: Das Stück der wieder entdeckten Komponistin Giovanna Marpella entpuppte sich als die Titelmusik zu "Miss Marple" - dabei präsentierte sich Andreas Pehl zu guter Letzt auch noch am Akkordeon.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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