Benediktbeuern:Durchwachsenes Neujahrskonzert

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Das Salonorchester Bad Wiessee bringt im Allianzsaal ein Programm mit starken Nummern, aber auch Schwachpunkten.

Von Reinhard Szyszka, Benediktbeuern

"Das neue Jahr kann nur dann segensreich werden, wenn es mit einem Neujahrskonzert begonnen hat." Kulturreferent Wolfgang Lichtenstern brachte es auf den Punkt. Und weil die Mutter aller Neujahrskonzerte in Wien stattfindet, ist es andernorts "fast wie in Wien". Unter dieses Motto hatten die elf Musiker des Salonorchesters Bad Wiessee ihr Neujahrskonzert im Allianzsaal gestellt.

Leiter Timm Tzschaschel trat mit weißem Jackett und roter Fliege auf. Er dirigierte vom Flügel aus, was ihm manchmal geradezu akrobatische Verrenkungen abverlangte, wenn er mit beiden Händen spielte und zugleich mit vollem Körpereinsatz den Takt schlug. Ein gedrucktes Programm gab es nicht; Tzschaschel sagte die Nummern an. Der Bogen war erstaunlich weit gespannt, neben Walzern und Polkas der Strauss-Dynastie gab es französische, russische und spanische Meister zu hören; "Carmen" war ebenso vertreten wie "My Fair Lady". Ein Schwerpunkt lag bei zwei Komponisten, deren Todestag sich 2016 zum hundertsten Mal jährt: Julius Fučik und Eduard Strauß.

Besonders gut gelangen den Musikern die flotten, schmissigen Nummern. Was ihnen weniger glückte, waren die verhaltenen, leisen Stellen, wo immer wieder schiefe Streicherklänge den Genuss trübten. Und auch die Temporückungen und Übergänge innerhalb der Stücke gerieten nicht immer synchron. Hier wäre es besser gewesen, Tzschaschel hätte klare Zeichen gesetzt und aufs Klavierspiel verzichtet.

Da es diesmal keine Sänger gab, durften mehrere Orchestermitglieder mit Soloparts ihr Können zeigen. Unbestrittener Höhepunkt: "Erinnerung an Zirkus Renz" von Gustav Peter mit virtuosem Xylophon-Solo. Auch Rimski-Korsakows "Hummelflug" mit Solo-Cello gelang sehr gut. Leider erreichten nicht alle Solonummern diese Qualität.

Gegen Ende brachte Tzschaschel eine Eigenkomposition, bei der die Zuhörer an bestimmten Stellen ein- bis dreimal klatschen sollten. Das Publikum mitwirken zu lassen, ist normalerweise ein sicherer Erfolgsgarant; Voraussetzung ist allerdings, dass das Publikum dies auch kann. Hier kamen die Zeichen des Dirigenten so überraschend und passten so wenig zur vorangegangenen Erläuterung, dass niemand so recht wusste, wann und wie oft er klatschen sollte. Die Zuhörer waren mehr verwirrt als begeistert. Fazit: ein Neujahrskonzert von durchwachsener Qualität, das neben sehr guten und mitreißenden Nummern auch etliche Schwachpunkte aufwies.

© SZ vom 04.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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