Bad Tölz-Wolfratshausen:alle@gruene-toelz-wor.de

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Im Grünen-Kreisverband machen wieder einmal E-Mails die Runde. Diesmal stammen sie nicht von Paul Wildenauer.

Felicitas Amler

Franz Xaver Sailer ist Kassier im Grünen-Kreisverband. (Foto: Hartmut Pöstges)

Von Altbundeskanzler Helmut Kohl ist das sinnige Wort überliefert, es sei immer besser, miteinander statt übereinander zu reden. Ein Passepartout für die Politik. Nun machen sich echte Grüne nicht gern schwarze Gedanken zu eigen. Und so kommt es im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen immer wieder zum schönsten grünen Über- und Durcheinander. Das anzuzetteln beherrscht, wie man vergangene Woche hätte glauben können, keineswegs nur der Online-Hyperaktivist Paul Wildenauer, den seine Partei deswegen gern rauswerfen möchte. Auch Franz Xaver Sailer, Kassier im Grünen-Kreisvorstand, macht sich via E-Mail über Parteifreunde her. Sein Anlass: der Holocaust-Gedenktag.

Dieses Gedenken wird bundesweit am 27. Januar begangen, jenem Tag, an dem vor 68 Jahren das Konzentrationslager Auschwitz befreit wurde. In Wolfratshausen gedenkt der Ortsverband der Grünen heuer eines auf dem Kalender nicht weit davon entfernt liegenden anderen Tags: des 30. Januar, an dem sich wiederum die Machtübernahme der Nazis jährt. Mit einer tatsächlich gewagten Volte drehen die Wolfratshauser Grünen dies zum Opfergedenktag um und versammeln sich in diesem Jahr zum zweiten Mal zu einer Mahnwache am Mahnmal, das an den Todesmarsch der Dachauer KZ-Häftlinge erinnert. Dort wiederholen sie das Bekenntnis der KZ-Häftlinge: "Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg."

Das findet Franz Xaver Sailer nun überhaupt nicht angemessen, schließlich sei der 27. Januar der offizielle Gedenktag; der 30. Januar könne "nicht als Gedenktag für die jüdische Bevölkerung manifestiert werden, so wie es Grüne OV Wolfratshausen darstellt", schrieb er am vergangenen Sonntag an den großen Mail-Verteiler alle@gruene-toelz-wor.de und an diverse Lokalzeitungen und -sender. Seine Aufforderung via elektronischer Post: "Ich bitte, dass die Heimatmedien meine Darstellung veröffentlichen."

Vielleicht hat Sailer darauf eine parteiinterne Antwort bekommen - wenn ja, dann eine, die nicht zugleich an die Medien ging. Jedenfalls sah er sich Montagmorgen zu einer neuerlichen Aussendung veranlasst, diesmal nur an Funk und Presse: "Der Holocaustgedenktag ist definitiv weltweit auf den Tag der Auschwitzbefreiung am 27.01. ausgeschrieben." So weit, so richtig.

Dann aber packt er die Anti-Antifaschistenkeule aus und begibt sich in eine für Grüne befremdliche Gesellschaft. Er attackiert die am 30. Januar mitgedenkende Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (die er durchwegs falsch VNN statt VVN abkürzt) und hält ihr vor, sie sei "eine linksorientierte Vereinigung, mit der sich auch der Verfassungsschutz schon beschäftigte". Das stimmt. Nur hat dies eine starke Öffentlichkeit vehement kritisiert. Und Sailer wendet sich mit dieser Diskriminierung genau von jenen ab, um die es ihm angeblich geht: von den überlebenden Gefangenen der Konzentrationslager.

© SZ vom 29.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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