Bad Tölz:Weltverbesserin mit Humor

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Nach dem Abi musste sie erst einmal raus aus Tölz: "Das war mir zu eng damals." Jetzt ist Verena Peck Teil des öffentlichen Lebens der Stadt. (Foto: Manfred Neubauer)

Kandidatin für den Tassilo-Preis: Verena Peck, Vorsitzende der Komischen Gesellschaft

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Man könnte stundenlang mit Verena Peck in der Alten Madlschule sitzen, Kaffee trinken und reden. Über den Kulturverein Komische Gesellschaft (KG), dessen Vorsitzende sie seit 2011 ist. Über die Schauspielerei und ihre integrativen Theaterprojekte. Oder über die Weltkulturabende mit Flüchtlingen, die sie in der Alten Madlschule mit organisiert.

Der Elan und die Begeisterungsfähigkeit der 39-Jährigen sind ansteckend. "Ich bin gerne lustig", sagt sie und schüttelt die freche Kurzhaarfrisur. Sich öffnen, über den eigenen Schatten springen, auch in einer Diskussion, das seien die "magic moments" in ihrem Leben. Ganz leicht hört sich das alles an, und vermutlich braucht es eine solche Einstellung, um das Pensum zu bewältigen, das sich Peck abverlangt.

Die zweifache Mutter arbeitet 30 Stunden als Kreisjugendpflegerin. Gut 20 Stunden kommen noch einmal für die Kulturarbeit dazu. "2015 war schon der Wahnsinn", sagt Peck: Im Februar und März die Aufführungen der KG-Theaterproduktion "Frostnacht", der einjährige Proben vorausgegangen waren. Im Mai das Theaterprojekt der Tölzer Jugendförderung "14", bei dem sie Regie geführt hat. Im September dann das integrative Projekt "Theater auf der Kippe" beim Tollhaus-Festival. Und natürlich die Weltkulturabende, die im Herbst begannen. Daneben macht Peck eine vierjährige Weiterbildung zur Theaterpädagogin, fährt einmal im Monat für ein Wochenende nach Heidelberg. Seit zwei Wochen lebt der 21-jährige Syrer Majid in ihrer Familie, den sie bei den Welttanzabenden kennen gelernt hat. "Er macht unser Leben bunt", sagt Peck. Für sie sind die vielen Aufgaben nicht Belastung, sondern Bereicherung. "Mich erfüllt die Kulturarbeit mit Glück" sagt sie. Das Gefühl, etwas zu bewegen. "Dann fühle ich mich so lebendig."

Peck hat am Tölzer Gymnasium Abitur gemacht, war im Grundkurs "Dramatisches Gestalten" bei der Lehrerin Lilly Rottengatter - der Keimzelle der Komischen Gesellschaft. Weil sie nach dem Abi raus aus Tölz wollte ("Das war mir zu eng damals"), absolvierte sie ein freiwilliges soziales Jahr an der Ostsee, studierte in Wien Diplompädagogik und sattelte eine einjährige berufsbegleitende Ausbildung zur Kulturmanagerin in Neuss drauf.

Wien, der "politische Spirit" am geisteswissenschaftlichen Institut, das seien prägende Jahre gewesen. Es war die Zeit des Irakkriegs, ein Rechtsruck ging auch damals durch Österreich. "Wir Studenten waren jeden Tag auf der Straße", erzählt Peck. Das Aufmüpfige und Rebellische, das, was auch die Komische Gesellschaft vor allem in der Anfangszeit prägte, habe ihren Sinn für soziale Gerechtigkeit geschärft. Zusammen mit Falk Janisch und Ulla Haehn weckte Peck die KG aus einem vierjährigen Dornröschenschlaf. Seither gibt es wieder Impro-Theater und KG-Inszenierungen. Vier viel gelobte Inszenierung sind über die Bühne gegangen, im Oktober feiert ein neues Stück Premiere.

Peck ist bei jeder Produktion als Schauspielerin dabei. Voriges Jahr spielte sie die Hauptrolle in "Frostnacht", einem Stück über Kindesmissbrauch. Eine Rolle, die ihr "dermaßen nah gegangen ist". Dass man die Welt mit Kultur ein bisschen besser machen kann, davon ist sie überzeugt. "Weil Kultur den Blick auf Menschen und andere Sichtweisen öffnet." Überzeugt ist sie auch, dass sich die Wirkung nur in einer besonderen Atmosphäre entfalten kann. "Alles, was ich bewegen kann, ist an diese Räume gebunden", sagt sie. Gedankenspiele der Stadt, das sanierungsbedürftige Haus zu verkaufen und andere Räume für die Kultur zur Verfügung zu stellen, machen ihr Sorgen. Peck will um die Madlschule kämpfen. Manchmal müsse man unbequem sein. "Sonst erreicht man halt nichts."

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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