Bad Tölz:Streit ums Marketing

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Kurdirektorin Hohenreiter und Stadträte weisen den Vorschlag der Freien Wähler zurück, den Etat von 755 000 Euro bis zum Bau des Tölzer Spa zu reduzieren. An der Werbung dürfe nicht gespart werden

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Auch wenn die Siegerentwürfe für das neue Spa "Natura Tölz" an der Bockschützstraße feststehen, dürfte noch reichlich Wasser die benachbarte Isar hinunterfließen, bis das Wellnessbad die ersten Gäste empfängt. Stadtrat Peter von der Wippel (FWG) hält es deshalb für geboten, dass Bad Tölz seine Ausgaben fürs Stadtmarketing vorerst drosselt und mit dem Eingesparten dann voll in die Werbung einsteigt, wenn das Spa eröffnet wird. Mit diesem Vorschlag löste er im städtischen Haupt- und Finanzausschuss allerdings bloß Kopfschütteln aus. "Wenn wir die Werbung einstampfen, brauchen wir später nicht mehr anzufangen", erwiderte Ludwig Janker (CSU). Jeder Stillstand sei im Marketing ein Rückschritt. Am Budget des Amtes für Tourismus, Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung kürzte das Gremium denn auch nicht herum. Kurdirektorin Brita Höhenreiter bekommt, wie schon in diesem Jahr, einen Etat von 755 000 Euro.

Wippel verwies darauf, dass Tölz inzwischen deutlich weniger Hotels als früher habe. Und das neue Spa stehe noch nicht. Die Stadt könne nur mit dem werben, was sie habe, sonst laufe sie Gefahr, die Gäste zu verärgern und zu enttäuschen, meinte Wippel. Dem widersprach Hohenreiter energisch. Ihr Budget bezeichnete sie als im Grunde "von Haus aus zu wenig", um in ganz Deutschland auf die Kurstadt aufmerksam zu machen. Fahre man die Summe zurück, "dann brauchen wir den Markt überhaupt nicht mehr zu penetrieren, dann verschwinden wir peu à peu von der Bildfläche". Und es koste Jahre, um danach wieder auf den Status quo ante zu gelangen. Bad Tölz mangelt es nach Hohenreiters Ansicht auch nicht an Hotels und Pensionen. Was fehle, sei "ein Kontingent an qualitätvollen Betten".

Schützenhilfe leistete CSU-Stadtrat Janker. Das Marketingbudget sei für eine Stadt der Größe von Bad Tölz nicht zu hoch, zudem werde damit nur beworben, was auch vorhanden sei, sagte er. "Es gibt in Bad Tölz keine Enttäuschten und auch keine langen Gesichter." Dem pflichteten Zweiter Bürgermeister Andreas Wiedemann (FWG) und Franz Mayer-Schwendner (Grüne). Beide verwiesen auf das reichhaltige Programm, das Tölz zu bieten habe, nicht bloß für Touristen, auch für Einheimische. "Es gibt wenige Orte in der Größenordnung von Tölz, wo so viele hochwertige Kulturveranstaltungen stattfinden", meinte Wiedemann. Für Camilla Plöckl (SPD) ist die Werbung inzwischen "viel authentischer geworden", das sehe man auch an der neuen Homepage.

In ihrem Haushaltsplan rechnet die Kurdirektorin die meist geringen Einnahmen und hohen Ausgaben in den Rubriken Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung, Veranstaltungen, Gesundheit und Übernachtungstourismus gegeneinander auf, kommt dabei jeweils auf ein sechsstelliges Minus und reduziert diese Unterdeckung mit den Einkünften aus dem Fremdenverkehrsbeitrag, die sie für 2017 mit 790 000 Euro veranschlagt. Unterm Strich bleibt somit noch ein Zuschussbedarf von 755 000 Euro übrig. Wippel rechnete deshalb vor, dass das Amt für Stadtmarketing, Tourismus und Wirtschaftsförderung insgesamt ja 1,5 Millionen Euro verbrauche. "Das ist eine Meinung, die ich persönlich schade finde", erwiderte Hohenreiter.

Etliche Stadträte hielten dem Etat-Kritiker die Leistungen der Tourist-Information entgegen. So sei das Vitalzentrum im Kurviertel wirklich ein vitales Zentrum, befand Christof Botzenhart (CSU). Die Nachfrage sei groß, was an dem großen Engagement liege, mit dem die TI dieses Projekt angepackt habe. Wie Hohenreiter mitteilte, war der Neubau neben der Kurbücherei an 40 von 52 Wochen belegt, vier bis fünf Mal pro Woche am Abend, einmal nachmittags und ansonsten nach Bedarf. Botzenhart rühmte außerdem den Einsatz von Hohenreiter und ihren Mitarbeiterinnen, die deutsche Thomas-Mann-Gesellschaft aus Lübeck nächstes Jahr zu den Feierlichkeiten rund um den berühmten Sommergast nach Bad Tölz zu locken: "Ich bin voll des Lobes, wie die TI das begleitet hat, sonst wäre das nicht möglich gewesen."

Gut 200 000 Euro gibt die Kurdirektorin im kommenden Jahr für insgesamt etwa 400 Veranstaltungen aus. 300 davon bilden einen Mix aus Knabenchor-Festival, Kabarett, Kleinkunst, Jazz, Theater, Stadtkapellen-Konzerten, Führungen und Heimatabenden, 100 finden im Zuge der Reihe "Stadt mit der besonderen Note" statt. Geplant ist darüber hinaus die Aktion "Stadtlesen" zusammen mit der Stadtbücherei. Einplanen muss Hohenreiter im Übrigen auch 10 700 Euro für ein Gutachten. Alle zehn Jahre wird die Luft in Bad Tölz gemessen, ob sie noch den gestrengen Ansprüchen für das Prädikat "Heilklimatischer Kurort" entspricht. Für die Expertise werden die Werte, unter anderem für Feinstaubbelastung, an zwei ruhigen Stellen im Kurviertel und an zwei viel befahrenen Straßen mit Schwerlastverkehr ermittelt.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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