Bad Tölz:Streit übers Kurviertel

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Bei der Bürgerversammlung klagen mehrere Tölzer über die Wohnbauten im Badeteil. Gegen den Willen von Bürgermeister Janker muss sich der Stadtrat nun mit der Forderung nach einer Gestaltungssatzung befassen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Bürgerversammlung in Bad Tölz verlief unspektakulär - bis sich Wilhelm Wesselmann zu Wort meldete: Unverblümt kritisierte er die zunehmende Wohnbebauung im Kurviertel. Ihm missfällt der Architekturstil der Fontavia-Parkvillen und des renovierten Kaiserhofs, er sprach von "Alibi-Dächlein", lukenkleinen Fenstern und minderwertigen Balkonen, er beanstandete die neuen "Wohnburgen" an der Wackersberger Straße und am Berliner Platz. "Und es geht mit erhöhter Schlagzahl weiter", sagte Wesselmann am Donnerstagabend im Kurhaus. Zum lautstarken Streit kam es, als er den Verdacht äußerte, die Jod AG werde trotz Veränderungssperre des Stadtrats die geplanten Wohnhäuser auf dem Areal des Hotels Jodquellenhof schon durchsetzen - dank guter Kontakte zur Spitze des Landratsamtes. Das brachte Landrat Josef Niedermaier (FW) in Rage: "Unterstellen Sie mir, dass jemand einen Bauantrag bekommt, weil er mich kennt?" Wenn ja, werde er juristisch gegen Wesselmann vorgehen. Der ließ sich auf die Frage nicht ein.

Die neuen Wohnhäuser an der Wackersberger Straße missfallen einigen Tölzern. (Foto: Manfred Neubauer)

Ruhiger, aber ebenfalls deutlich monierte auch Willibald Raab vom Verein Freundeskreis Badeteil die Entwicklung im Kurviertel. Er bedauerte, dass der Stadtrat das städtebauliche Rahmenkonzept Badeteil nicht mit Nachdruck zur Geltung bringe. "Nach unserer Beobachtung werden die Erwartungen einzelner Interessenten auf umfangreiche Wohnbebauung gestärkt oder durch Befürwortung von Wohnbauten ermöglicht", sagte Raab. Das geschehe ohne Rücksicht auf Belange des Umweltschutzes, des Denkmalschutzes, des Ensembleschutzes. Außerdem forderte er, dass vor jeder weiteren Baumaßnahme im Stadtrat erst einmal deren Folgen für den Verkehr behandelt werden sollten. Auch für Wesselmann wird das Rahmenkonzept Badeteil "ständig missachtet". Er stellte deshalb den Antrag, für das Kurviertel eine Ortsgestaltungssatzung zu erlassen: "Überlassen Sie die Gestaltung der Bauten nicht länger profitgierigen Bauunternehmern."

Beide erhielten dafür viel Beifall von den knapp 50 Zuhörern. Bürgermeister Josef Janker (CSU) veranlasste dies zu der Bemerkung, dass viele der Anwesenden "in solchen Häusern leben, die früher der Kur gedient haben und dann hergerichtet wurden". Am Stil der Fontavia-Parkvillen habe er zum Beispiel nichts auszusetzen, "damit kann man leben". Ihm gefalle das Bäderviertel jedenfalls viel besser, als wenn es dort bloß "alte Kureinrichtungen mit kaputten Fenstern und zerschlagenen Dächern" gäbe, betonte Janker. Gleichwohl muss sich der Stadtrat in einer seiner nächsten Sitzungen nun mit einer Ortsgestaltungssatzung befassen.

Ebenso Willibald Raab. (Foto: Manfred Neubauer)

Ansonsten ging es im Kurhaus vor allem um Verkehrsthemen. Karl Rieger schilderte die Situation in der Eichmühlstraße und der Allgäustraße als "abenteuerlich". Auf beiden Seiten parkten Fahrzeuge, Radler müssten auf den Gehsteig ausweichen, zwischen 7 und 8.30 Uhr sei es nicht möglich, von einem Grundstück mit dem Auto auf die Straße zu kommen, sagte Rieger. Die Stadt sollte dort über eine Tempo-30-Zone und gegebenenfalls auch über ein Halteverbot nachdenken. Janker zufolge sind beide Straßen eine Ausweichroute, wenn sich auf der Flinthöhe "eine Megastau" bilde. Dies werde sich wohl erst in dem Moment ändern, wenn die Nordumfahrung gebaut sei, meinte er. Zugleich versprach er, die Geschwindigkeit und das Parkverhalten in den zwei Straßen zu überprüfen.

Auf verkehrsberuhigende Maßnahmen in der Buchener Straße und dem Berliner Platz drang Doris Schütze. In diesem Gebiet litten die Anwohner unter immer mehr Fahrzeugen, vor allem Schwerlastwagen rumpelten dort mit scheppernden Anhängern über schlechten Straßenbelag. "Wir schauen uns das an", erwiderte Janker und verwies auf den geplanten Kreisverkehr am Berliner Platz. Bis Mitte des Jahres lägen die Pläne dafür aus, "dann wird gebaut". Die Ampelschaltungen auf den Bundesstraßen 13 und 472 auf der Flinthöhe stören Karl-Heinz Walle, wenn er nachts von München her nach Tölz kommt. Ob die denn nötig seien, wollte er wissen. Die Ampeln seien 24 Stunden geschaltet, weil es sich um einen Unfallschwerpunkt handle, erklärte Landrat Niedermaier. Zuvor sei es dort zu mehreren schweren Unfällen gekommen, vor allem beim Linksabbiegen.

Noch etwas hatte Walle auf dem Herzen. Er monierte, dass der Wertstoffhof in Tölz samstags nur bis 12 Uhr geöffnet und manchmal sogar schon um 11.30 Uhr geschlossen sei. Sein Wunsch: Die Zeiten sollten bis 16 Uhr verlängert werden. Der Bürgermeister hält das nicht für notwendig. Die Anlieferungen ließen am Samstagmittag erfahrungsgemäß ziemlich nach. Walle riet er, sein Grüngut doch in einen Sack zu geben und bis zum nächsten Samstag zu warten. "Vielleicht können Sie ihn auch unter der Woche wegfahren."

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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