SZenario:Souverän

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Organist Peter Van de Velde glänzt mit virtuosem Orgelspiel

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

Belgische Musik? Fast möchte man es dem kleinen Belgien mit seiner unseligen flämisch-wallonischen Zweiteilung gar nicht zutrauen, eine eigenständige Musiktradition hervorgebracht zu haben. Und doch ist dem so. Der Belgier Peter Van de Velde, Organist an gleich zwei großen Kirchen in Antwerpen, trat am Donnerstag in der Tölzer Stadtpfarrkirche den Beweis an. Natürlich schielen die belgischen Orgelkomponisten immer wieder zu den großen Nachbarn Frankreich und Deutschland, doch haben sie zwischen diesen beiden Polen ihren eigenen Weg gefunden.

Van de Velde ist Spezialist für die symphonische Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts, und aus diesem Repertoire hatte er sein Konzertprogramm chronologisch aufgebaut. Der Künstler begann mit einer "Fanfare" von Jacques-Nicolas Lemmens, einem schwungvollen, mitreißenden Stück. Es ist bei den Tölzer Orgelfesttagen gute Tradition, eine Kamera auf der Orgelempore zu installieren, die mit einem Projektor im Kirchenschiff verbunden ist, so dass die Zuhörer den Organisten beim Spiel beobachten können. Man sah, wie souverän, wie sinnvoll Van de Velde die drei Manuale des Instruments handhabte, wie plastisch er das Werk disponierte. Hoch konzentriert saß der Künstler auf der Orgelbank; alle Emotion, alle Energie steckten in den Fingern und in den Füßen.

Beim nächsten Werk, einer Sonate des Romantikers Edgar Tinel, demonstrierte der Organist seine beeindruckende Virtuosität gerade im Pedalspiel. Mit geradezu lustvoller Steigerung führte er das technisch überaus anspruchsvolle Finale zum abschließenden Höhepunkt. Ganz andere Klänge gab es bei Joseph Jongen zu hören, einem Jahrgangsgenossen Max Regers. Das verhalten-lyrische "Prière" gönnte Künstler wie Publikum eine Verschnaufpause, bevor die "Sonata Eroica" losbrach, wieder ein sehr virtuoses Werk mit einem volksliedhaften Variationenthema im Mittelsatz. Den Abschluss des Programms bildeten einige Stücke von Flor Peeters, klassizistisch zurückgenommen, dennoch sehr schwer zu spielen.

Der Bayerische Rundfunk zeichnete das Programm auf, und so wagte das Publikum nicht, zwischen den Werken zu applaudieren. Erst am Schluss gab es den wohlverdienten Beifall, und Peter Van de Velde bedankte sich mit einem weiteren Choralvorspiel von Flor Peeters. Insgesamt demonstrierte das Konzert eindrucksvoll das hohe Niveau, auf dem sich die Tölzer Orgelfesttage bewegen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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