Bad Tölz:Hoffnung auf Ausbildung

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Suche nach Lecks: Kofi Prince Eshun prüft Heizungsrohre. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Ghanaer Kofi Prince Eshun arbeitet bei einer Heizungsfirma in Bad Tölz

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Kofi Prince Eshun steht im Keller eines Hauses an der Stefan-Glonner-Straße in Bad Tölz. Er sieht sich die Rohre an und prüft, ob die Leitungen dicht sind. Findet er ein Leck, zeigt er die Stelle seinem Kollegen, der dann die nötigen Reparaturarbeiten ausführt. Seit Juli 2014 ist der 22 Jahre alte Ghanaer bei der Heizungs- und Sanitätsfirma Haas in Bad Tölz beschäftigt. Noch ist er nur eine Art Lehrbub, aber er hat einen Traum. Er wolle gerne ein "Qualifying", eine Ausbildung in der Heizungstechnik absolvieren, erzählt er. Das Problem: Sein Deutsch ist holprig. Das könnte inzwischen besser sein, findet Geschäftsführer Leonhard Haas. "Es gibt oft Verständnisprobleme, weil er nicht auf Anhieb versteht, was wir von ihm wollen."

Vor gut anderthalb Jahren stand Kofi Prince Eshun plötzlich in der Tür der Firma an der Königsdorfer Straße. Er hatte an dem computergestützten Sprachkurs von Waltraud Haase teilgenommen. Die Vorsitzende des Vereins "Asyl plus" hatte ihm den Weg zu dem 20 Mitarbeiter kleinen Betrieb gewiesen, ihm aber auch gesagt, er müsse sich selbst bewerben. "Wir haben gesagt, wir probieren es", erzählt Haas. Das Motiv sei "der gute Gedanke dahinter" gewesen. "Geld verdienen wir mit Kofi nicht." Der junge Ghanaer ist nicht der klassische Flüchtling, der zu Fuß auf der strapaziösen Balkanroute nach Deutschland kam.

Ohne Deutsch keine Ausbildung, ohne Ausbildung keinen Job

Sein erste Station war Italien, wo er sich mit Pizzabacken durchschlug. Außerdem absolvierte er dort eine Vorausbildung in Heizungs- und Sanitärtechnik. "Ein bisschen Theorie, handwerklich hatte er noch nichts gemacht", sagt Haas. In Bad Tölz bekam seine Frau ein Kind, die Firma Haas kämpfte um eine befristete Arbeitserlaubnis für den 22-Jährigen. Für ihn und für die bald stetig wachsende Zahl an Flüchtlingen, die als Asylbewerber anerkannt sind und auf Arbeitssuche gehen werden, gilt die vereinfachte Regel: Ohne Deutsch keine Ausbildung, ohne Ausbildung kein Job.

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"Das größte Hemmnis ist die Sprachbarriere", sagt Klaus Hofbauer, Leiter der Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK) Weilheim, die auch für den Landkreis zuständig ist. Integration dürfte bloß ein Wort bleiben, wenn Menschen ohne Beschäftigung dasitzen, ohne Arbeit, ohne Gehalt und damit ohne Lebensperspektive. Aber eine Anstellung werde schwierig, "wenn ich jemandem nicht vermitteln kann, was er zu tun hat", sagt Hofbauer. Außerdem stelle eine Berufsausbildung im dualen System hohe Anforderungen, was den Unterrichtsstoff angeht. In der Heizungs- und Sanitärtechnik sind etwa unter anderem Physik und Mathematik gefragt. Viele Betriebe bevorzugten daher junge Flüchtlinge, vor allem solche, die in die BAS-Klassen für berufsschulpflichtige Asylbewerber gehen und dort "im zweiten Jahr ein gewisses Sprachniveau bekommen". Bei älteren Bewerber besteht zudem oftmals die Schwierigkeit, ihre berufliche Qualifikation zu erfassen, weil sie ohne Dokumente geflüchtet sind. "Die haben ja nichts."

Unternehmen fürchten, die Mitarbeiter könnten "kurzfristig abhanden kommen"

Hofbauer zufolge stellen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen eine Hürde dar, sprich: das Aufenthaltsrecht. Unternehmen fürchteten, dass ihnen die neuen Mitarbeiter "kurzfristig abhanden kommen". Dennoch seien viele Firmen im Gebiet der IHK Weilheim willens, Flüchtlingen eine Chance zu geben, habe eine Umfrage ergeben. "Grundsätzlich ist die Bereitschaft recht groß."

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175 Flüchtlinge sind im Jobcenter in Bad Tölz derzeit als erwerbsfähig geführt, 69 davon sind arbeitslos. Die anderen haben eine Stelle, sitzen in Sprachkursen oder sind daheim, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Im neuen Vermittlungszentrum, das nicht bloß für Asylbewerber gedacht ist, will Jobcenter-Chef Andreas Baumann von nächster Woche an nicht bloß Bewerbungstraining, sondern auch berufsbezogene Sprachkurse anbieten. Auch das diene der Integration, sagt Baumann. Die Flüchtlinge seien in dem Zentrum mit Deutschen, Österreichern und Italienern zusammen. "Da hoffe ich dann, dass sie mit ihnen Deutsch reden", sagt Baumann.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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