Bad Tölz:Ganz verbindlich

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Marco Paulo, Künstler und Handwerker, mit Elementen seiner Friedenssäule, auf der in zwölf Sprachen "Möge Friede auf Erden sein" zu lesen ist. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Künstler Marco Paulo baut zusammen mit Flüchtlingen eine "Brücke der Menschlichkeit" auf dem Blomberg. Dort wird sie Teil des Kunstwandwegs "Sinneswandel"

Von Petra Schneider, Bad Töl

Eine Brücke überspannt normalerweise Wasser oder Täler. Aber eine Brücke auf einem Berg? Jene, die der Tölzer Künstler Marco Paulo am Blomberg baut, soll Menschen verbinden: "Die Brücke der Menschlichkeit" hat er sein Projekt genannt; es wird am 5. Juli neben der Bergwachthütte eröffnet und Teil des Kunstwanderwegs "Sinneswandel" sein.

Im vergangenen Jahr hatte der Kunstverein Tölzer Land bildende Künstler aus der Region aufgerufen, sich zum Thema Asyl und Migration mit einem Entwurf zu bewerben. Anlass war eine Spende über 25 000 Euro aus dem Nachlass eines verstorbenen Mitglieds. Aus den acht Bewerbungen wählte die Jury das Konzept von Marco Paulo, weil es etwas Neues sei und neben einem künstlerischen auch einen sozialen Aspekt enthalte, wie Vorsitzende Patrizia Zewe sagt: Von einer begehbaren Holzbrücke aus sind die Umrisse der Haupt-Flüchtlingsregionen zu sehen, die mit Holzpflöcken nachgebildet werden: Afrika, Naher Osten, Indien, Pakistan, die Balkanstaaten.

Die Pflöcke sind aus den Weichhölzern Fichte und Tanne und werden verwittern. So ist es gewollt, denn auch Ländergrenzen könnten sich verändern, "und vielleicht auch die Grenzen in unseren Köpfen", sagt Paulo. Die Brücke aber bleibt: Sie wird aus beständigem Lärchenholz gebaut. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist der Gestaltungsprozess. Denn die Brücke wird Paulo gemeinsam mit jungen Flüchtlingen bauen. Während der zweiwöchigen Arbeit will er ihnen Fertigkeiten im Umgang mit Holz und Maschinen vermitteln, vielleicht Interesse für einen handwerklichen Beruf wecken und so ganz konkret Integrationshilfe leisten. "Wir müssen uns mit den Flüchtlingen auseinandersetzen und auch die Chancen sehen, die sich daraus ergeben." Deshalb hat er Kontakt mit dem Asylhelferkreis und dem Tölzer Jugendcafé aufgenommen. Jugendliche aus Eritrea, Syrien und dem Balkan hätten bereits Interesse angemeldet, sagt Paulo, über weitere Teilnehmer würde er sich freuen. Sein interaktives Kunstwerk soll Denkprozesse über das Thema Asyl anregen, in einem "Brückenbuch" können Besucher ihre Gedanken festhalten.

Die Idee zu dem Projekt sei "sofort da gewesen", erzählt der 57-Jährige. Seit 30 Jahren beschäftigt er sich mit den Themen Krieg und Umweltzerstörung- in Bildern, Skulpturen, Installationen, Aktionskunst, Land-Art und in Büchern. Seine "Friedenssäule" etwa war bei der "TölzKunst 1" am Isarufer, dann bis Februar in der Sankt-Michaels-Kirche in München ausgestellt: eine drei Meter hohe Holzsäule, auf der in zwölf Sprachen der Schriftzug "Möge Friede auf Erden sein" zu lesen ist. Sie ist zurzeit ebenfalls auf dem Blomberg zu sehen und wird anschließend in die Moschee nach München weiterwandern.

Paulo ist überzeugt, dass Kunst einen Beitrag zu Verständnis und einem friedlichen Zusammenleben leisten kann. In seinem Atelier stehen Skulpturen aus Gasbeton, Schreine mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Acrylbilder, seine "Friedenskapelle". Stifte, Pinsel, Schrauben, Lacke, Holzstäbchen - ein buntes Sammelsurium. Marco Paulo ist sein Künstlername, weil das klingt wie der des großen Reisenden und Entdeckers Marco Polo: "Denn ein Suchender, das bin ich auch."

Paulo ist Handwerker mit vier Meistertiteln als Stuckateur, Maler, Lackierer und Raumausstatter. Lange war er Kulissenbauer bei den Bavaria Filmstudios in München, hat etwa bei der Verfilmung der "Unendlichen Geschichte" mitgearbeitet. Viel erzählt er von seinem Leben und seiner Arbeit: Von der Kindheit im Saarland und den "Sternguckabenden", die er dort veranstaltet hat. Von seinem Buch "Sputnik 13, verschollen im Weltall" und von der therapeutischen Reitschule, die er mit seiner Familie 18 Jahre lang im Süden Münchens betrieben hat. Vor zwei Jahren ist er mit seiner Frau nach Bad Tölz gezogen, wegen der schönen Landschaft und der guten Atmosphäre in der Stadt. "Seitdem lebe ich mit der Kunst, durch die Kunst und von der Kunst", sagt er. "Auch wenn der Handwerker in mir immer dabei ist."

Eröffnung Sonntag, 5. Juli, 14 Uhr, Blomberg Plateau. www.bruecke-der-menschlichkeit.de

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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