Bad Tölz:Bitterböse Politsatire

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Kabarett kann er: Tobias Öller trat im Tölzer "Gasthaus" auf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Tobias Öller ist in seinem Best-Of-Programm "Deppendämmerung" ganz nah dran an den Leuten

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Womöglich war der überraschende Wintereinbruch mitten im Januar schuld, dass am Donnerstagabend im "Gasthaus" viele Plätze leer blieben. An Tobias Öller kann das nicht gelegen haben, denn der hätte allemal ein volles Haus verdient. Einige Preise hat der 41-jährige gebürtige Tegernseer bereits abgeräumt. Den Niederbayerischen Kabarettpreis zum Beispiel, den er ins "Gasthaus" mitgebracht hat. "Damit man das ein bisserl einordnen kann", sagt er und hält ein kleines Tontaferl zum Aufhängen hoch. "Wenn ihr eure Glasvitrine mit Pokalen voll machen wollts, dann is gscheider, ihr spielts Tischtennis." Ob Öller selbst auch Tischtennis kann, verrät er nicht.

Kabarett kann er jedenfalls: Bitterböse Politsatire, gut beobachtete Milieustudien und Miniaturen bayerischer Lebensart. Öller ist ganz nah dran an den kleinen Leuten, den Hausmeistern und Handwerkern, den Wirten, Stammtischbrüdern und ewigen 1860-er Fans. Und an den Lokalpolitkern, mit ihrer oft bildhaften Ausdrucksweise ("I woaß ned, ob mia die Ausgaben daschwanzn', mia müssen doch unsern Haushalt kondolieren.") Öller weiß, wovon er spricht; er war lange Redakteur bei einer Lokalzeitung, eher er vor zehn Jahren von der Realsatire im Büro auf die Bühne wechselte.

Er war Mitglied diverser Bands, komponierte Rockmusicals und schrieb Programme und Lieder für die beiden Kabarettistinnen Christine Eixenberger und Franziska Wanninger, mit denen er das preisgekrönte Trio "Die Drei Kritischen" bildet. Sein Hauptprojekt zurzeit ist das Musikkabarett-Trio "Ciao Weißblau" und die Mediensatire "Radio Rustikal", die seit einem Jahr im Münchner Schlachthof läuft. Soloauftritte sind selten geworden in den vergangen zwei Jahren.

Im "Gasthaus" spielt er ein Best-Of Programm, "Deppendämmerung", gemixt mit Liedern zur Gitarre. Wie den "Hilti-Rap", eine satirische Abrechnung mit einer nur scheinbar friedlichen Spießerwelt: "Die Bohrmaschine im Anschlag wie ein tapferer Soldat" lebt der Papa martialische Fantasien an der heimischen Wohnzimmerwand aus. Best-Of-Programme reihen zwangsläufig Einzelszenen aneinander, obwohl Öller Nummernprogramme eigentlich nicht mag. Seine Form ist das szenische Typenkabarett - Minidramen, bei denen er sich mühelos und praktisch ohne Requisiten von einer Figur in die andere wandelt. Sein Milieu ist das Wirtshaus, die Dorfdisco; hier tummeln sich seine Figuren, die authentisch, dabei aber nicht stereotyp wirken.

Das Komische kippt bei Öller gerne ins Tragische, das Harmlos-Witzige ins Beißend-Satirische, das verbindet ihn mit seinen Vorbildern Sigi Zimmerschied oder Gerhard Polt. Zum Beispiel beim Minidrama "Depperltest" über einen Caritas-Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer, dessen Vor- und Hauptgeschichte Öller in zwei Bildern verknüpft.

Rustikales Bajuwarentum und bildungsbürgerliches Kunstgetue prallen da ebenso aufeinander wie Kulturen. Herrlich böse ist das, ebenso wie die Szene beim "Stockerwirt": Die Linken wollen dort eine Wahlparty machen, obwohl der Stockerwirt eigentlich ein ordentliches Lokal ist, in dem sonst höchstens der Stammtisch tagt.

Die Mama in der Küche ist alarmiert. A Wahlparty, was soll denn des sein und was tischt man da auf? Fleischpflanzerl vielleicht. Nein, zu unpersönlich. Die Linken, die kommen bestimmt aus der DDR. Also lieber Spreewaldgurken. Nach der ersten Hochrechnung wird gefeiert, der Rotkäppchen-Sekt von der Mama ist wieder nicht recht. Fazit des Stockerwirts: "Beim nächsten Mal höchstens eine SPD-Wahlparty. Da kann ich 100 Prozent sicher sein, dass mia koan Schampus brauchen."

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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