Asylsozialberatung:"Die meisten Kinder sind begeistert"

Lesezeit: 3 min

Der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" zeichnet für die Asylsozialberatung im Landkreis verantwortlich und kümmert sich in einem neuen Lernförder-Projekt um Grund- und Mittelschüler, die aus Migrantenfamilien kommen

interview Von Klaus Schieder, Geretsried

Der Münchner Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" hat im Landkreis die Asylsozialberatung übernommen. Das ist aber nicht alles: In einem Projekt, das seit Januar an der Grund- und Mittelschule Geretsried läuft, sollen vor allem Kinder aus Migrantenfamilien gefördert werden, damit sie im Unterricht besser mitkommen. Die SZ sprach darüber mit Asylsozialberaterin Elena Shushunova.

SZ: Warum wurde das Projekt "Lernförderung" an der Geretsrieder Mittelschule gestartet?

Elena Shushunova: Unser Trägerverein "Hilfe von Mensch zu Mensch" hat mit ähnlichen Projekten im Münchner Stadtteil Neuperlach, in Freising und in Miesbach sehr gute Erfahrungen gemacht. Unser Verein unterstützt Migrantenkinder in den Grund- und Mittelschulen seit vier Jahren. Ich wurde durch Sadija Klepo, unsere Geschäftsführerin, auf das Projekt in Neuperlach aufmerksam und habe es mir angeschaut. Ich wollte den Bedarf in Geretsried für so einen Projekt ermitteln und habe deshalb Kontakt zu Magdalena Singer, der Leiterin der Mittelschule, aufgenommen. Sie war sofort begeistert und hat mir erzählt, dass an der Mittelschule dafür ein großer Bedarf bestehe, weil viele Kinder aus anderen europäischen Ländern kommen, die keine oder sehr geringe Deutschkenntnisse haben. Mit diesem Projekt wird den Schülerinnen und Schülern geholfen, die deutsche Sprache intensiv zu lernen und später den Unterricht ohne Probleme zu verfolgen. Wir helfen den Kindern selbstverständlich auch, alle Inhalte zu verstehen, und ermutigen sie weiter, zu lernen und gute Schüler zu sein.

Die Lernförderung richtet sich also nicht an Kinder aus Asylbewerberfamilien?

Das Projekt ist für alle Kinder gedacht, auch für deutsche Kinder. Zur Zeit sind es aber vor allem Schüler aus Familien mit Migrationshintergrund, darunter auch aus Asylbewerberfamilien.

Wie sieht der Unterricht aus?

Wir haben zwei Modelle. Das eine ist für die Grundschule, da ist der Betreuungsschlüssel eins zu zwei. Die Kinder machen dort ihre Hausaufgaben zusammen mit ehrenamtlichen Helfern. Das zweite Modell ist auf die Mittelschule ausgelegt, wir haben dort zwei Gruppenleiter, die durchschnittlich sieben Mittelschüler betreuen. Die Kinder lernen dort unterschiedlichen Lehrstoff, vor allem aber Deutsch, Englisch und Mathematik.

Unterricht am Nachmittag: Charly Bauer hilft Schülern aus Migrantenfamilien wie (von links) Flavius, Petar, Panos und Ramazan. (Foto: Hartmut Pöstges)

Was ist dabei der Unterschied zu der Arbeit, die ehrenamtliche Kräfte mit Deutschkursen leisten?

Das Lernförderprojekt ist eigentlich kein Deutschkurs und auch nicht als solcher gedacht. Es soll vor allem die Chancen der Kinder in der Schule erhöhen und auch der Schule helfen, ihren Unterricht zu gestalten. Es geht uns darum, die Migrantenkinder, deren Eltern kein Deutsch können und das deutsche Schulsystem nicht kennen, zu unterstützen. Es ist seit Jahren bekannt, dass diese Kinder ohne Unterstützung ganz schwierig weiterkommen.

Wie ist bisher die Resonanz auf dieses Projekt in der Mittelschule?

Frau Singer ist mit dem Projekt und den bisher erzielten Ergebnissen sehr zufrieden. Im März haben wir einen Elternabend organisiert. Wir sind sehr froh über das ausgesprochen positive Feedback der Eltern. Sie erzählten über die Begeisterung ihrer Kinder und über den positiven Beitrag auf die Leistungen in der Mittelschule.

Ihr Verein bezahlt dafür eine Mitarbeiterin auf Minijob-Basis. Wie wird das finanziert?

Wir haben eine Koordinatorin, die gleichzeitig auch eine Gruppe der Mittelschüler betreut. Sie ist auf 450-Euro-Basis angestellt und somit die einzige bezahlte Kraft in unserem Projekt. Das Angebot ist für die Familien, die es sich sonst nicht leisten könnten, kostenlos. Deshalb suchen wir derzeit nach anderen Quellen, um das Projekt zu finanzieren.

Kann der Verein dies nicht aus eigenen Mitteln?

Unser Verein finanziert das Projekt seit Januar aus Spendenmitteln, aber das reicht nicht für lange Zeit. Außerdem hoffen wir, auch andere Projekte zu entwickeln und zu unterstützen.

Elena Shushunova vom Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" ist Asylsozialberaterin im Landkreis. (Foto: Hartmut Pöstges)

An welche Sponsoren denken Sie?

An große und mittlere Unternehmen. Und natürlich auch an Stiftungen.

Und die Mittelschule selbst hat kein Geld dafür?

Wir bekommen von der Schule die Räume kostenlos zur Verfügung gestellt und kooperieren miteinander sehr gut. Wir würden uns über finanzielle Unterstützung schon sehr freuen. Aber auch die Mittelschule hat nicht viele Finanzmittel, deshalb wollen wir sie möglichst nicht belasten.

Ziehen die Kinder bei diesem Förderunterricht am Nachmittag überhaupt mit?

Die Mehrheit der Kinder ist vier Mal pro Woche im Unterricht. Am Anfang hat man schon gesehen, dass sie ihre Freizeit nicht gerne geopfert haben. Aber inzwischen merkt man den Unterschied und die Entwicklung. Die meisten Kinder sind begeistert und gehen gerne hin. Sie machen aktiv mit und freuen sich über ihre Erfolge im Unterricht.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: