Asylbewerber im Landkreis:Herbergssuche nicht nur zur Weihnachtszeit

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Das Landratsamt braucht dringend mehr Wohnungen für Asylbewerber. Mit der ehrenamtlichen Betreuung der Flüchtlinge in den einzelnen Gemeinden ist Sozialamtsleiter Bigl aber sehr zufrieden: "Da wird viel abgefedert."

Von Felicitas Amler

Die eineinhalbjährige Mercy ist zusammen mit ihrer Mutter aus Nigeria nach Deutschland gekommen. Bei der Weihnachtsfeier, die in Wolfratshausen für die Asylbewerber ausgerichtet wurde, standen die Kinder im Mittelpunkt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Kerzengerade sitzt der schlanke, große Mann aus Botswana am Wolfratshauser Weihnachtstisch und sagt in flüssigem Deutsch: "Ich bin Donald. Ich bin dreißig Jahre alt, und dies ist meine Frau Viola." Ines Lobenstein, beruflich Caritas-Mitarbeiterin für Obdachlose in Wolfratshausen und ehrenamtlich jetzt auch für Asylsuchende im Einsatz, hat die Runde aufgefordert, sich vorzustellen. Auf Deutsch, denn das lernen die fünf erwachsenen Flüchtlinge aus Botswana und Nigeria seit einigen Wochen. Am Montagnachmittag sind sie im Jugendhaus La Vida zu einer Weihnachtsfeier zusammengekommen. Mit den ehrenamtlichen Betreuerinnen und mit Bürgermeister Helmut Forster. Und mittendrin die Kinder: die vierjährige Fabiona, die eineinhalb Jahre alte Mercy, Everton und Justice, die beide schon in Deutschland auf die Welt gekommen sind, der eine vor vier Monaten, der andere vor vier Wochen.

Neun Asylbewerber konnte das Landratsamt in Wolfratshausen unterbringen, 98 leben derzeit in Bad Tölz, Geretsried, Bad Heilbrunn, Kochel am See und Wackersberg. Die Quote, nach der die Regierung von Oberbayern Flüchtlinge auf die Landkreise verteilt, sieht zwar vor, dass Bad Tölz-Wolfratshausen 131 Menschen aufnimmt. Nur: Es gibt aktuell keine weiteren Unterkünfte. Thomas Bigl, Leiter des Sozialamts im Landratsamt, lässt daher keine Gelegenheit aus, an Politik und Bevölkerung zu appellieren: "Wer Wohnungen oder Häuser anzubieten hat, kann gern mit uns reden!"

Der Landkreis ist immer noch in der von allen Beteiligten als glücklich empfundenen Lage, die Asylbewerber dezentral unterzubringen. Große Sammelunterkünfte, wie die Regierung sie aus finanziellen Gründen bevorzugen würde, gibt es hier nicht. Auch die Zahl der Menschen, die es aufzunehmen gilt, findet Bigl nicht gerade erschütternd: "Der Landkreis hat 121000 Einwohner - 131 Asylbewerber, da kann sich jeder selbst eine Meinung bilden."

Allenfalls die Verteilung im Landkreis könnte man problematisieren: Die Stadt Bad Tölz hat allein die Hälfte aller hier untergebrachten Flüchtlinge aufgenommen. Aus etlichen Kommunen zwischen Icking und Lenggries gibt es überhaupt kein Wohnungsangebot. Bigl sagt: "Den Luxus, die Menschen gerecht zu verteilen, können wir uns erst leisten, wenn wir genügend Wohnungen haben."

Wenig luxuriös ist auch die personelle Ausstattung des Landratsamts zur Betreuung der Asylbewerber. Dafür stünden eindreiviertel Stellen zur Verfügung, sagt Bigl. "Fürs nächste Jahr ist eine weitere Kraft beantragt." Umso dankbarer ist der Sozialamtsleiter für die ehrenamtliche Unterstützung, die an allen Orten von Anfang an gut lief - nicht nur gut, sondern "hervorragend", wie er betont. Den Ehrenamtlichen in den Gemeinden sei es zu verdanken, dass kleine Probleme des Alltags bewältigt würden: "Da wird viel abgefedert." Schließlich werde so das Leben sehr viel erträglicher, sagt Bigl: "Sowohl für die Asylbewerber als auch für die Nachbarn."

Die Weihnachtsfeier in Wolfratshausen ist für dieses Miteinander ein gutes Beispiel. Die Betreuerinnen, Ines Lobenstein, Gabriele Hüttl, Dietlind Diepen und Marlene Petsch, haben Kaffee und Kuchen vorbereitet und Geschenke gepackt. Lobensteins Ehemann Peter beeindruckt Klein und Groß mit Zaubertricks, lässt einen Tisch im Raum schweben und verwandelt einen brennenden Stab in eine Rose. Und der Bürgermeister wünscht zum Abschied jedem persönlich "Merry Christmas!" Inzwischen können freilich alle so gut Deutsch, dass sie auch "Frohe Weihnachten" verstanden hätten.

© SZ vom 19.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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