Weihnachts-Macher:Am Zug für den besonderen Klang

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(Foto: Stephan Rumpf)

Mesnerin Franziska Götz läutet die Glocken von Sankt Barbara

Von Simon Schramm

Mit einem Alter von knapp 95 Jahren ist die Kirche Sankt Barbara im Vergleich zwar noch von jüngerer Gestalt, dafür widmet sich das kleine Gotteshaus im westlichen Schwabing einer Praxis, die in fast allen Kirchen in der Stadt schon abgeschafft ist: In Sankt Barbara werden die Kirchenglocken noch manuell bedient, und nicht elektronisch per Knopfdruck. Franziska Götz () ist Mesnerin der Kirche und somit für das Läuten zuständig, auch zur abendlichen Christmette am Sonntag. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, nehme man das Läuten ganz anderswahr als sonst, meint Götz, 71, das Geläut ziehe einen in die stade Zeit hinein. "Vielleicht folgt man nicht sofort dem Ruf zum Gebet, aber man merkt, dass es eine wichtige Zeit ist."

Jedes Geläut einer Kirche habe eine eigene Stimmung und löse andere Gefühle aus, sagt Götz. "Das gewaltige Läuten eines Doms wie der Frauenkirche, das gehört einfach zu einer Stadt. Beim Alten Peter, finde ich, ist es eine Mischung aus Dorf und Stadt. Sankt Benno in der Maxvorstadt, das ist so bombastisch, da öffnet sich das Himmelreich. Unsere Kirche Sankt Barbara klingt eher bescheiden."

Aber wie entsteht der spezifische Klang einer Kirche? Zum Läuten begibt sich Franziska Götz in das Treppenhaus hinter dem Kirchsaal. Dort, im ersten Stock, hängen aus Löchern in der Decke die Hanfseile heraus, mit denen Götz und ein Kollege die drei Glocken der Kirche zum Schwingen bringen. "Ich schlage nach Gehör. Die linke Seite habe ich noch nicht getroffen." Götz geht tiefer in die Knie, zieht mit mehr Kraft. Es scheppert doppelt. Die Geschwindigkeit beim Schlagen richte sich nach dem Rhythmus, mit dem man beide Seiten der Glocken treffe, sagt Götz.

Steigt Götz in den Speicher der Kirche, gelangt sie ins Turminnere. Spezialisten stimmten die Glocken nach einem bestimmten Ton, erzählt sie. Die Kirchen könnten keine bestimmte Melodie läuten lassen, aber eigene Sequenzen im Abwechseln der Glocken. "Der Klang des Läutens hängt auch von der Anzahl der Glocken und ihrer Größe ab." 2018 wird der Turm von Sankt Barbara restauriert. Ein Architekt hat vorgeschlagen, die Bedienung der Glocken auf Elektronik umzustellen. "Da hat sich der Pfarrer gewehrt", sagt Franziska Götz. "Wir wollen Weihnachten wie früher feiern und diese Tradition pflegen."

Bis Heiligabend stellt die Stadtviertel-Redaktion täglich Menschen vor, die Weihnachtsstimmung verbreiten. Am Dienstag lesen Sie: Alex Grünwald, Landwirt und Weihnachtsbaum-Verkäufer.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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