Viertel-Stunde:Volldampf voraus

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Großer Planer: Friedrich August von Pauli. (Foto: N/A)

Friedrich August von Pauli hat einst der Eisenbahn die Wege geebnet. Ihm ist eine kleine Straße im Westen der Stadt gewidmet

Kolumne Von Berthold Neff

Mal angenommen, wir würden heute die Zeiten etwas durcheinanderbringen, dann könnte die Sache so gelaufen sein: Friedrich August von Pauli braucht, damit seine Großhesseloher Brücke fertig wird, nur noch ein paar Schrauben. Er fährt in die Straße, die heute seinen Namen trägt, um sie im Heimwerkermarkt Bauhaus zu kaufen - und ist von seiner Straße enttäuscht.

München hat dem Mann, der als Schöpfer der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen gilt, nur eine kleine Straße gewidmet, an der kaum jemand wohnt und wo der Gehweg neben dem Bauhaus schon bald im Nichts endet. Wer hier seine Firma hat, führt lieber die große, lange Landsberger Straße als Adresse, ob das die Muskelbauer von McFit sind oder der Busservice Wanninger. Nur eines wird Friedrich von Pauli gefallen: dass die Bahnstrecke München - Rosenheim, die er wie so vieles andere projektiert hat, an seiner Straße entlang führt.

Pauli, 1802 als zwölftes Kind eines Pfarrers bei Worms geboren, hatte es nicht leicht im Leben. Sein Vater starb, als Pauli 14 Jahre alt war, der Mutter fehlte das Geld, den Jungen auf dem Gymnasium zu halten. Sein Bruder Wilhelm, Prokurist einer Hamburger Firma in Manchester, bot sich an, Friedrich August in England eine Ausbildung zu sichern. Bei dem Physiker John Dalton erhielt der Junge Privatstunden in Mathematik und Mechanik, eröffnete danach eine Metalldreherwerkstatt, die aber nicht gut lief.

So kehrte er nach Deutschland zurück, studierte in Göttingen und wurde in München ein wichtiger Mitarbeiter von Joseph von Fraunhofer. Dieser verfügte, dass Pauli sein Institut als Nachfolger übernehmen solle, doch Pauli zog es weiter, er baute Straßen, Kanäle und fand die richtigen Wege für die Eisenbahn, zum Beispiel die schwierige Route durchs Fichtelgebirge auf der Strecke Lindau - Hof. Fast zwei Jahrzehnte lang stand er, 1847 mit einem "von" geadelt, an der Spitze der Eisenbahn-Commission. Er entwarf die 1857 eröffnete Großhesseloher Brücke, ein kühnes Bauwerk. 1872 wurde er in den Ruhestand versetzt, schrieb 1878 seine Memoiren und starb im Sommer 1883, im Alter von 81 Jahren.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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