Viertel-Stunde:Viel mehr als nur Konditor

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Stylianos Klados ist Meister seines Fachs. (Foto: Robert Haas)

An diesem Sonntag backt Stylianos Klados zum letzten Mal. Die griechisch-orthodoxe Gemeinde wird seine Leckereien vermissen

Von Helena Ott

Sonntag: Endlich ausschlafen! Das gilt allerdings nicht für den Griechen Stylianos Klados. Seit 20 Jahren steht er jeden Sonntag um 4 Uhr früh auf und fährt in die Backstube in der griechisch-orthodoxen Allerheiligen-Gemeinde am Nordfriedhof. Begonnen hat die Arbeit schon am Vortag, doch viele der Süßwaren schmecken am besten ganz frisch. Jeden Sonntag backt der gelernte Konditor 14 verschiedene Sorten Kuchen und Gebäck - von süßem Baklava bis zu salzigen Triopita aus Blätterteig sowie Galaktoburiko, einem Kuchen aus Strudelteig und Grießcreme.

Auch während seine Gemeinde von 8.30 bis 11.30 Uhr Gottesdienst feiert, arbeitet er noch - und hört die Messe dabei über Lautsprecher mit. Mehr als 1050 Sonntage hat er so in seinem Ehrenamt absolviert, doch damit ist jetzt Schluss: Diesen Sonntag können die mehr als 600 Kirchenbesucher zum letzten Mal nach dem Gottesdienst seine raffinierten Gebäckstücke genießen. Der 73-Jährige hört auf. Er hat Asthma und kämpft mit Knieschmerzen. Erzpriester Apostolos Malamoussis bedauert den Abschied seines Spitzenkonditors sehr. "Sein Einsatz war für unsere Gemeinde von großer sozialer Bedeutung". Klados berichtet, dass die Gläubigen oft bis zwei Uhr nachmittags zusammen säßen, sich austauschten und Probleme besprächen. Sorgen kennt auch Klados: Früher hat er mit seiner Frau, sobald sie ihre zwei Söhne ins Bett gebracht hatten, noch geputzt, um sich die teure Miete leisten zu können. Trotzdem würde er jederzeit wieder nach München ziehen, er wohnt gern in Schwabing-Nord: "Ich mag es, dass es trotz der vielen Häuser so grün ist, und es ist sehr viel Multi-Kulti hier."

Um sich von all der Arbeit abzulenken, hat er früher noch beim SC München Süd Fußball gespielt. Heute spaziert er gern mit seiner Frau durch den Englischen Garten. Wenn Klados nun von seinem Ehrenamt zurücktritt, wird ihm nicht langweilig: "Ich freue mich darauf, intensiv Zeit für meine Kinder und Enkelkinder zu haben." Aber zuerst geht es in den Urlaub - schon am Donnerstag legt die Fähre von Triest ab, die seine Frau und ihn auf die Heimatinsel Euböa bringt.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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