Versicherungsstandort München:Eine Stadt für alle Fälle

Generali Köln

Die Generali soll mit verschiedenen Tochtergesellschaften verschmolzen werden und von Köln nach München umziehen.

(Foto: Marius Becker/dpa)
  • München ist einer der international wichtigsten Standorte für Versicherungen.
  • Etwa 60 Unternehmen der Branche haben in der Stadt ihren Hauptsitz, darunter die Allianz oder die Versicherungskammer Bayern.
  • Die Generali soll ebenfalls mit ihrem Hauptsitz nach München ziehen - doch ob sie Arbeitsplätze an die Isar bringt, ist unklar.

Von Katja Riedel

Es klang zunächst nach einer guten Nachricht. Generali Deutschland, der große Versicherungskonzern, kündigte an, das Unternehmen umzubauen und seine Zentrale von Köln nach München zu verlegen. Ob diese Nachricht auch die Wirkung entfalten wird, nach der sie zunächst klingt, nämlich Wachstum und Arbeitsplätze an die Isar zu bringen, ist allerdings völlig unklar.

Denn der Umzug, der innerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre geplant ist, ist vor allem eines: Teil eines Sparkurses. Zu diesem gehört, die Holding mit den wichtigsten Töchtern Generali Versicherungen AG und Generali Lebensversicherung zu verschmelzen, die hier schon ihren Sitz haben. Knapp 600 Mitarbeiter arbeiten für diese Holding, weitere Standorte der Generali stehen in der Diskussion. Wie viele der bisher deutschlandweit 14 000 Mitarbeiter künftig noch für Generali arbeiten werden, ist unklar, und auch, wie viele davon in München. Denn Lebensversicherungen an Privatleute will Generali künftig nicht mehr verkaufen. Deshalb könnten später in München sogar einmal weniger als die bisher 1300 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig sein. Details würden wohl bis Jahresende entschieden, sagt ein Sprecher. Ob die neue Mannschaft dann am jetzigen Standort in Neuperlach ihre Büros haben wird oder in einem neuen Quartier, ist ebenfalls noch nicht entschieden.

33 000 Menschen arbeiten für Versicherungen

München ist, unabhängig von der Zukunft von Generali, einer der international wichtigsten Standorte für Versicherungen. Etwa 60 Unternehmen der Branche haben in der Stadt ihren Hauptsitz, darunter die Allianz oder die Versicherungskammer Bayern. Insgesamt arbeiten in keiner deutschen Stadt mehr Menschen für Versicherungen als an der Isar: Etwa 33 000 Beschäftigte sind laut Arbeitgeberverband in München und dem Umland in diesem Bereich angestellt, in ganz Bayern sind es knapp 60 000; auch in Unterföhring sitzen einige Versicherungen. Die Swiss Re Germany ist gerade erst mit 400 Mitarbeitern nach München umgezogen, in den Arabellapark. Man wolle künftig sichtbarer und näher am Kunden sein, begründete eine Sprecherin die Entscheidung. Für die Münchner Wirtschaft, nicht zuletzt für die Gewerbesteuereinnahmen, ist das erfreulich. Mehr als 35 Prozent der in der Landeshauptstadt erzielten Wertschöpfung kommen aus dem Finanz- und Versicherungssektor, heißt es im städtischen Wirtschaftsbericht.

Versicherungsstandort München: Gerade einmal ein Jahr Bauzeit: 1912 wurde mit den Aushub für das Geschäftsgebäude der Münchener Rück begonnen, 1913 war es fertiggestellt.

Gerade einmal ein Jahr Bauzeit: 1912 wurde mit den Aushub für das Geschäftsgebäude der Münchener Rück begonnen, 1913 war es fertiggestellt.

(Foto: Munich Re)

Eine der großen Münchner Wirtschaftsgeschichten hat einst kärglich angefangen, mit zwei Zimmern, vier Mitarbeitern, ein paar Stehpulten und funzligem Licht aus Petroleumlampen. Aus dem bescheidenen Anfang des Jahres 1880, den vor allem ein Mann namens Carl Thieme zu verantworten hatte, entwickelte sich die Münchner Rückversicherung, heute Munich Re. 1890 entschloss sich der Münchner-Rück-Gründer Thieme, eine weitere Gesellschaft zu gründen und in das Geschäft mit Transport- und Unfallversicherungen einzusteigen. Thieme war überzeugt, dass die voranschreitende Industrialisierung Versicherungen unentbehrlich machen würde; er sollte Recht behalten.

Die Geschichte der Versicherungen begann in München

Beim Amtsgericht Berlin I ließ er am 4. Februar 1890 die Allianz eintragen, mit vier Millionen Mark Grundkapital. Zu den Geldgebern gehörten Bankier Wilhelm von Finck, die Deutsche Bank und der Industrielle Hugo Ritter von Maffei. Thieme, dessen Vater selbst eine Versicherung leitete und in dessen Unternehmen er sich erste Sporen verdient hatte, führte in den ersten Jahren beide Unternehmen, die Allianz mit Sitz in München und Berlin. Er richtete beide Versicherungen international aus; die Allianz erwirtschaftete schon vor dem Ersten Weltkrieg ein Fünftel ihrer Erträge im Ausland. Ihren ersten Versicherungsfall von weltweiter Tragweite erlebten beide gemeinsam, 1906 mit dem Erdbeben in San Francisco.

Heute befinden sich die Zentralen in unmittelbarer Nähe zueinander, am Englischen Garten. Nach der deutschen Teilung verlegte die Allianz ihre Zentrale 1954 in einen Neubau an der Königinstraße. Dorthin, wo die Münchner Rück schon war.

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