Urteil des Landgerichts München:Supermärkte müssen keine Schockbilder an Zigarettenautomaten anbringen

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Das Landgericht München hat entschieden, dass Supermärkte keine Schockbilder an Zigarettenautomaten anbringen müssen. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)
  • Supermärkte müssen die Schockbilder auf Zigarettenschachteln an der Ladenkasse nicht sämtlichen Kunden präsentieren, sondern dürfen diese im Verkaufautomaten verdecken.
  • Das Landgericht München hat entschieden: Produktpräsentation in den Automaten ist nicht Teil der Verkaufsverpackung.

Von Stephan Handel, München

Die Bildchen an den Zigarettenautomaten vor Supermarktkassen sind keine Abbilder der Verpackung - deshalb müssen auf ihnen auch nicht die Warnhinweise und Schockbilder abgedruckt sein, die für Tabakprodukte und ihre Verpackungen sonst verpflichtend sind. Das Landgericht München I hat zu der Frage eine Klage der Initiative "Pro Rauchfrei" gegen einen Inhaber von zwei Münchner Supermärkten abgewiesen.

Die Initiative hatte argumentiert, dass auf Abbildern der Zigarettenschachteln, zum Beispiel auf Plakaten oder in Zeitungsanzeigen, die Warnhinweise nicht verdeckt und nicht weggelassen werden dürften - gleiches müsse auch für die Tasten an den Automaten gelten. Die Klage richtete sich nur vordergründig gegen den Münchner Betreiber. Hätte die Klage Erfolg gehabt, dann wäre sie sicher auf andere Märkte und andere Unternehmen ausgedehnt worden. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Gawinski nannte die Klage deshalb schon bei der mündlichen Verhandlung einen "Stellvertreterkrieg".

Landgericht München
:Nichtraucher verklagen Supermarkt-Betreiber wegen verdeckter Schockbilder

Denn die seien durch den Zigaretten-Abgabeautomaten nicht mehr zu sehen. Beim Prozess stellt der Richter fest: "Es handelt sich hier um einen Stellvertreterkrieg."

Von Stephan Handel

Diesen hat die 17. Kammer des Landgerichts nun entschieden, zu Gunsten des Supermarkt-Betreibers. Zwei Angriffspunkte der Kläger hatten vor den Augen des Gerichts keinen Erfolg. Denn die Bildchen an den Tasten, fand die Kammer, seien eben keine Abbilder der Schachteln und dienten auch nicht der Werbung für eine bestimmte Sorte, sondern der Produktpräsentation - schließlich müsse der Kunde ja wissen, wo er draufdrücken muss, um seine Marke zu bekommen.

Für ein zweites Argument bemühten die Kläger das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb: Werde der Kunde nicht schon bei der Kaufentscheidung, also beim Betätigen der Taste vor den gesundheitlichen Schäden des Rauchens gewarnt, dann könne er annehmen, dass es solche Risiken nicht gebe, was eine Irreführung sei. Auch das jedoch sah das Gericht anders - der Kaufvorgang an der Supermarktkasse sei durch den Tastendruck ja nicht unumkehrbar eingeleitet. Vielmehr könne der Kunde, wenn er auf der heraushüpfenden Schachtel den Warnhinweis lese, sich ja immer noch umentscheiden und die Zigaretten nicht kaufen - von daher unterscheidet sich der Kaufvorgang im Geschäft von dem am Straßenautomaten, wo vor der Wahl der Sorte schon bezahlt werden muss.

Gegen das am Donnerstag verkündete Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht zulässig. Der Verein "Pro Rauchfrei" kündigte direkt im Anschluss an, davon Gebrauch zu machen. Der Vorsitzende Siegfried Ermer erklärte, er wolle den Streit notfalls sogar über die nächsten drei Instanzen ausfechten. Man sehe das Verfahren als Musterprozess. "Wir fangen nicht irgendetwas an, um dann gleich wieder aufzugeben", sagte Ermer. Es sei "ein "Unding", dass in Deutschland Tabakprodukte in Supermärkten verkauft werden dürften. "Wir sind der Überzeugung, dass der Europäische Gerichtshof den richtigen Blick auf die Situation hat."

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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