Umweltzone:Grüne wollen Diesel-Autos aussperren

Stau am Mittleren Ring in München, 2017

Eine Prüfung soll klären, ob auch der Mittlere Ring - hier am Olympiapark - künftig Teil der Umweltzone werden soll.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadtrats-Fraktion fordert Fahrverbote für stark belastete Straßen

Von Dominik Hutter

In der Debatte um die hohe Stickoxid-Belastung der Luft werfen die Grünen der Stadtspitze um Oberbürgermeister Dieter Reiter "offene Leistungsverweigerung" vor. Das Rathaus wolle offenbar auch künftig eine passive Haltung gegenüber der gesetzeswidrig hohen Luftverschmutzung einnehmen, kritisieren Fraktionschef Florian Roth und Umweltsprecherin Sabine Krieger. Die Grünen fordern, neben der von Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs bereits vorgeschlagenen Verschärfung der Umweltzone auch die Sperrung einzelner, besonders stark belasteter Straßenzüge für Autos mit Dieselmotor zu planen. Ein solcher Schritt, den Jacobs als praktisch wie juristisch undurchführbar einstuft, könnte möglicherweise im Frühsommer vom Bundesverwaltungsgericht für rechtlich zulässig erklärt werden. Darauf müsse die Verwaltung vorbereitet sein, so die Grünen - der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat Stadt und Freistaat ohnehin die Vorbereitung eines entsprechenden Konzepts auferlegt.

Die Grünen treibt die Sorge um, dass trotz fortdauernder Überschreitungen der Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid nichts Konkretes für die Verbesserung der Luft geschieht. Denn die nicht nur von der Öko-Partei, sondern auch von SPD und CSU favorisierte Einführung neuer NO₂-Plaketten steht aktuell auf Bundesebene nicht einmal zur Diskussion. Ohne sie ist jedoch eine Verschärfung der Umweltzone unmöglich.

Fahrverbote rein nach der Straßenverkehrsordnung, die nur einzelne stark belastete Straßen umfassen würden, schließt die Umweltreferentin aus. Jacobs rechnet in diesem Fall mit Kosten von 18 Millionen Euro für 130 000 Schilder sowie eine Vorbereitungszeit von zwei bis drei Jahren. Zudem sieht die Verwaltung juristische Hürden, weil bei dieser Variante keine zonenähnliche Sperrung entstehen darf (was aber angesichts der Vielzahl stark belasteter Straßen die logische Folge wäre) und weil ein "Zufahrt verboten"-Schild nur für Dieselautos schlicht nicht existiert.

"Auch wenn es auf Bundesebene nicht weitergeht, darf das nicht heißen, die Hände in den Schoß zu legen", sagt Grünen-Stadtrat Roth mit Verweis auf die Blaue Plakette, die seit einem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz auf Eis liegt. "Die Stadt muss alle Mittel ausschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen - und dazu gehört auch ein Fahrverbot für einzelne stark belastete Straßen". Ein entsprechender Änderungsantrag der Grünen wird am Mittwoch nächster Woche diskutiert - der Umweltausschuss des Stadtrats hat das Thema in die Vollversammlung vertagt.

Die Grünen wollen gleich Nägel mit Köpfen machen und Eckpunkte für die parallel zu planende Verschärfung der Umweltzone beschließen. Während Jacobs bewusst auf detaillierte Vorgaben verzichtet, will die Fraktion gleich festzurren, dass die Zufahrtsbeschränkungen ganzjährig (also nicht nur bei schlechter Luft) für Dieselfahrzeuge der Euro-Normen eins bis vier gelten sollen und dass die bewährten Ausnahme- und Übergangsregelungen der Umweltzone auch diesmal gelten sollen. Wie Jacobs wollen die Grünen die Ausdehnung der Zone zunächst nicht verändern. Allerdings müsse es eine fachliche Prüfung geben, ob der Mittlere Ring nicht doch noch miteinbezogen werden muss, um die Grenzwerte einhalten zu können. Bislang endet die Umweltzone an Münchens wichtigster Ringstraße.

Bereits beschlossen hat der Umweltausschuss am Dienstag die Ausschreibung eines Masterplans zur Luftreinhaltung. Ein solches Papier, in dem ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft enthalten sein soll, ist Voraussetzung, um Geld aus dem beim Dieselgipfel der Bundesregierung beschlossenen Mobilitätsfonds abzugreifen. Der Etat, mit dem die spätere Umsetzung dieser Ideen gefördert werden soll, umfasst insgesamt eine Milliarde Euro. Umweltreferentin Jacobs will aus Zeitgründen die Ausarbeitung des Plans an externe Experten vergeben. Bis Ende Juli, so die Vorgaben aus Berlin, muss alles fertig sein.

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