Überfall auf Edeljuwelier:Eine Frage der Arbeitsteilung

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Nur Trinkgeld? Die Polizei zeigt nach dem Juwelenraub in der Maximilianstraße die sichergestellte Beute. (Foto: Robert Haas)

Fünf Männer überfallen mit Axt und Vorschlaghammer einen Edeljuwelier in München - und flüchten zu Fuß. Nun rätselt die Polizei, ob die berüchtigte Pink-Panther-Bande aus Montenegro dahintersteckt. Zwar gehen deren filmreife Taten selten so schief, einige Details ähneln sich jedoch sehr.

Von Till Krause

Richtig filmreif ging es in München nicht zu: Fünf Männer, die mit Axt und Vorschlaghammer einen Juwelier überfallen und zu Fuß flüchten, das ist zwar ein spektakulärer Diebstahl - aber im Vergleich zu früheren Coups der Pink-Panther-Bande wirkt das eher wie Pflicht, nicht wie Kür. Bei anderen Aktionen waren die Gangster mit Maßanzügen als Kunden getarnt, mal hat eine Komplizin den Sohn eines Juweliers verführt, bei einem anderen Überfall flohen sie mit einem Schnellboot übers Meer.

Auch die Beute ist geringer als sonst: Die Polizei spricht von einem niedrigen sechsstelligen Betrag, 200 000 Euro seien es, schätzt das Präsidium. Für die Pink Panthers kaum mehr als Trinkgeld: Bei einem Überfall in Japan vor zehn Jahren waren es mehr als 24 Millionen Euro.

Trotzdem gibt es beim Überfall in der Maximiliansstraße Details, die sich immer wiederholen: die Schnelligkeit; der Überraschungsmoment eines Überfalls mitten in der Stadt am helllichten Tag; keine Schusswaffen; mehrere Täter, die mit Taschen in verschiedene Richtungen fliehen, damit nicht klar ist, wer die Beute hat.

Haftbefehl gegen sieben Verdächtige
:Teenager überfallen Edeljuwelier

Nach dem spektakulären Überfall auf einen noblen Schmuckladen in München sitzen sieben Verdächtige in Haft. Vier der mutmaßlichen Täter sollen erst zwischen 14 und 16 Jahre alt sein. Den Fahndungserfolg verdankt die Polizei auch der Hilfe zahlreicher Passanten.

Von Carolina Torres und Susi Wimmer

Die Übergabe findet meist kurz nach dem Überfall statt: Mal wird die Ware einem als Geschäftsmann getarnten Komplizen in die Hand gedrückt, mal wird sie in präparierten Mülltonnen deponiert. Der Tatort ist genau ausgekundschaftet, auch dafür gibt es spezielle Teams, die Wohnungen in der Stadt des Überfalls mieten, Läden aussuchen und Fluchtwege bestimmen.

Die Edelsteine werden teilweise noch in der Nähe des Tatorts von Experten begutachtet und in illegale Werkstätten gebracht, wo sie umgeschliffen und wieder auf den Markt gebracht werden. Uhren landen oft bei Sammlern - oder werden gegen Dienstleistungen im kriminellen Milieu getauscht, also gegen Waffen, Kurierdienste oder gefälschte Pässe. Ein solcher gefälschter Pass wurde auch bei einem der mutmaßlichen Räuber in München gefunden.

"Wir klauen für Montenegro"

Die Überfälle der Pink Panthers sind vor allem eins: das Ergebnis strikter Arbeitsteilung. Eine Gruppe überfällt die Läden, eine andere nimmt die Beute entgegen, wieder andere kümmern sich um den Verkauf. Zwei Serben, die in einem Mietwagen in der Nähe des Tatorts festgenommen wurden, könnten auf die Beute gewartet haben. Doch sie schweigen, auch das ist sehr typisch. Oft sind die Verbrecher untereinander nicht vernetzt, nur ein Drahtzieher kennt alle Details, damit keiner den anderen verraten kann.

Die wahren Planer der Überfälle sitzen meist in Serbien oder Montenegro, oft mit besten Kontakten zu Regierung und Behörden. Dabei wird der medienwirksame Spitzname "Pink Panthers" langsam zur Belastung. Ein ranghohes Mitglied der Bande sagte dem Süddeutsche Zeitung Magazin im Sommer: "Heute will sich jeder Provinzpolizist auf die Fahnen schreiben, einen Anführer der Pink Panthers verhaftet zu haben." In ihrer Heimat gelten die erfolgreichen Diebe als Idole - schließlich bringen sie Geld ins Land. Ein beliebtes Lied geht so: "Wir klauen nicht aus Montenegro, wir klauen für Montenegro."

Die Verdächtigen, die der Polizei in München ins Netz gingen, sind wohl großteils ganz unten in der Hierarchie: angeheuerte Arbeitslose, die mit dem Einschlagen von Schaufenstern ein bisschen Geld verdienen wollen. In verarmten Gegenden in Osteuropa werden sie in Bars oder auf der Straße angesprochen. Diesmal, so scheint es, sind die Täter jünger, fast noch Kinder, und aus der Ukraine und Moldawien. Das zeigt vor allem eins: Die unterste Stufe wird mit möglichst billigen und anspruchslosen Leiharbeitern besetzt. Das gilt nicht nur für Fabriken - sondern eben auch für organisierte Kriminalität.

© SZ vom 14.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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