Tollwood-Ordner vor Gericht:"Für mich war es ein Überlebenskampf"

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Sie sollen einen Konzertbesucher auf dem Tollwood getreten und geschlagen haben: Drei Ordner stehen nun vor Gericht. Doch sie sehen die Schuld beim Kläger.

Stefan Salger

Ahmet C., Chef einer Sicherheitsfirma, ist sich keiner Schuld bewusst. Er habe "nur das gemacht, was gemacht werden sollte", behauptet der 49-Jährige. Auf dem Tollwood-Festival im vorigen Jahr war C. Einsatzleiter. Er und seine Mitarbeiter sollen am späten Abend des 5. Juli Konrad Sch., der das Konzert der Band Earth,Wind & Fire besucht hatte, brutal zu Boden geworfen und getreten haben - einfach so, behauptet das mutmaßliche Opfer.

Ahmet C., Seyhan S. und Alfred H. müssen sich deshalb seit Montag vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung zur Last. Konrad Sch., 46, gerät noch heute fast in Rage, wenn er über das Geschehen berichtet. "Für mich war es einfach nur ein Überlebenskampf", sagt der Multimediakünstler. Nach dem Konzert war er schon kurz vor dem Ausgang, als er umkehrte, weil er jemanden aus seiner Gruppe vermisste. Da er einen VIP-Ausweis hatte, glaubte er, dass es keine Probleme geben werde, wenn er noch einmal zum Festzelt geht. Doch das war ein fataler Irrtum.

Schon in dem Moment, in dem er sich umgedreht habe, sei er von einer Frau angefahren worden: "Hey, du warst schon draußen." Ehe er sich versah, so Sch., habe ihn die Frau gegen einen Maschendrahtzaun gedrückt. Daraufhin seien die drei Angeklagten und drei Kollegen hinzugekommen und hätten ihn mit Wucht zu Boden geworfen. Wer die anderen mutmaßlichen Täter sind, ist unbekannt. Ahmet C. habe mit dem Knie gegen seinen Kopf gedrückt und ihn angebrüllt, er habe "Hausfriedensbruch" begangen. Als er auf dem Boden lag, habe ein anderer Mann ihm mit dem Fuß gegen Kopf und Oberkörper getreten.

Ahmet C. rang während dieser Schilderung um Fassung und empörte sich: "Total umgedreht" sei es gewesen. Konrad Sch. habe angefangen. Der habe zuerst eine seiner Mitarbeiterinnen beiseite geschoben und einer anderen einen Schlag ins Gesicht versetzt. Da habe er den 46-Jährigen mit seinen Leuten zu Boden gebracht, worauf dieser ihn und seine Männer unter anderem als "dumme Türken" bezeichnet habe.

Und so schwer, wie behauptet, können die Verletzungen des 46-Jährigen nicht gewesen sein, sagt Ahmet C. Denn von einem Sanitäter des Tollwood-Teams habe er sich nicht untersuchen lassen wollen.

Erst als eine Frau hinzugekommen sei, die sich als Ärztin ausgegeben habe, habe Sch. "Schmerzenslaute abgeben". Die Ärztin ist die Schwester des mutmaßlichen Opfers. Ahmet C.s Verteidigerin, Rechtsanwältin Füsun Yavzu, will nun auch den Sanitäter als Zeugen vernehmen. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 14.09.2010/sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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