Tattoo-Urteil am Amtsgericht:Der wunde Punkt

Lesezeit: 2 min

Erst wollte sie das Tattoo am Unterarm. Dann bemängelte die 18-Jährige, dass es schief sei und ließ es entfernen. Mit ihrer Klage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz ist sie jedoch gescheitert.

Ekkehard Müller-Jentsch

Ein Tattoo ist, rein rechtlich gesehen, Körperverletzung. Mal mehr, mal weniger dekorativ. Solch ein Eingriff ist nur dann nicht strafbar, wenn der Betroffene damit einverstanden ist - und das ist bei Minderjährigen grundsätzlich ein Problem. Ein Amtsrichter hat trotzdem die Schadensersatzklage einer 17-Jährigen abgewiesen: Es komme nicht nur auf die formale Geschäftsfähigkeit an, meinte er. Wichtiger sei, ob ein junger Mensch weiß, worauf er sich einlässt.

Aus einer Sommerlaune heraus hatte sich 2010 ein 17-jähriges Mädchen auf die Innenseite eines Handgelenkes ein sogenanntes koptisches Kreuz tätowieren lassen. Für diesen Körperschmuck bezahlte die junge Frau 50 Euro. Da sie zu dieser Zeit in einer Eisdiele jobbte und monatlich 200 Euro verdiente, konnte sie über ihr eigenes Geld verfügen. Ihren Eltern hatte sie von der Aktion mit Nadeln und Farbe nichts gesagt. Vermutlich hatte es daheim dann aber Knatsch gegeben - auch wenn sich die Münchnerin dazu nie eindeutig äußern mochte. Jedenfalls war sie etwa eine Woche später wieder im Tätowierstudio erschienen und hatte bemängelt, dass die Tätowierung schief sei. Sie wolle, dass diese weggelasert werde. Dies lehnte der Betreiber des Studios jedoch ab. Das Tattoo sei in Ordnung gewesen, meinte er. Der Mann stellte jedoch fest, dass die junge Kundin wohl selbst versucht hatte, die Tätowierung zu entfernen. Das Bildchen sei nämlich extrem ausgewaschen und mit einer Blutkruste überzogen. Deshalb bot er ihr lediglich an, das Tattoo nachzubessern.

Das wollte die junge Frau aber nicht, sondern forderte nun die Zahlung von 849 Euro: die Rückzahlung ihrer 50 Euro zuzüglich der Kosten für eine Laserbehandlung in Höhe von 799 Euro. Als der Tätowierer nur abwinkte, erhob die inzwischen volljährig gewordene Münchnerin Klage vor dem Amtsgericht.

Der Richter wies diese jedoch ab: Der Werkvertrag mit dem Tätowierer sei wirksam, obwohl die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch minderjährig gewesen sei, und der Vertrag sei auch nicht nachträglich von den Eltern genehmigt worden. Schadensersatzansprüche könne sie nicht verlangen, solange sie dem beklagten Tattoo-Künstler keine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben habe. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Nachbesserung eine erneute Form der Körperverletzung darstellen würde, meinte er. "Die Tätowierung hat doch ihrem Wunsch entsprochen - und bei der Nachbesserung geht es gerade darum, diesen Wunsch in der von ihr gewollten Art und Weise auszuführen."

Auch ein Schmerzensgeldanspruch stehe der jungen Frau nicht zu. "Sie selbst hat in den Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit eingewilligt." Hierbei spiele es keine Rolle, dass sie noch minderjährig gewesen sei: "Es kommt nicht auf die Geschäftsfähigkeit an, sondern auf ihre natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit", sagte der Richter. Anhaltspunkte dafür, dass diese bei der damals 17-Jährigen, die drei Monate vor der Volljährigkeit gestanden habe und einen, wenn auch kleinen, Job ausübte, nicht gegeben sei, bestünden nicht. Das Urteil (Az.: 213 C 917/11) ist rechtskräftig.

© SZ vom 24.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: