Szene-Kolumne:Habt Fun, ihr Partypeople!

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Das Denglisch breitet sich im Münchner Nachtleben aus

Von Korbinian Eisenberger

Wer nicht für Fremdes ist, dem bleiben spannende Teile des Lebens versperrt. Trotzdem muss erlaubt bleiben, dass man auch mal mit einer Entwicklung fremdelt. Zum Beispiel, wenn man abends in München weggehen will und einen schon der Sprecher im Lokalradio mit solchen Sätzen erschlägt: "Jo, Partypeople, habt einen schönen Abend in der schönsten City der Welt." Und die Co-Moderatorin so: "Bei den Beats wird's heute bestimmt wieder sehr nice, oh mein Goooott."

Herrschaftszeiten, was ist das für eine Sprache? Nicht dass Begriffe wie City, Beats oder nice einen noch abschrecken sollten. Das ist deep drin, Deutsch und Englisch, gut gemixt, why not, wenn sich Kulturen mischen, dann mischt sich auch die Sprache. Was hier jedoch noch oben drauf kommt, ist eine neuere, besonders fiese Form der Denglisierung im Nachtschwärmer-Slang: Münchens Partypeople nehmen eine Umkehrung des Lübke-Englischs vor. Klassisches Lübke-Englisch verwendet, wer deutschen Satzbau mit englischen Worten vermengt, zum Beispiel als mieser Anmachspruch auf der Tanzfläche: Me runs the water in the mouth together. Und die Antwort: You can me crosswise.

Der entscheidende Unterschied zur Neuform: Lübke-Englisch ist eine Gaudi-Sprache. Umgedreht verwenden es die Münchner hingegen ernsthaft. Sie wirklich meinen es. Um Gottes Willen, möchte man da rufen, oder eben: Oh mein Goooott. Das Schlimme daran: Es zieht sich durch die Terminkalender der Münchner Bars und Klubs. "Lasst die Korken knallen und habt Fun", heißt es etwa zum Energy-Mädels-Abend am kommenden Montag in der Freiheizhalle an der Donnersbergerbrücke. Und im Americanos in der Altstadt versprechen sie für Freitag "eine verdammt heiße Partynacht". Jo, damn hot stuff in da club. Oder auch nicht, wenn zum Beispiel ein Musikstück von Mark Forster über den Tresen dröhnt, mit dieser furchterregenden Liedzeile: "Du ruhst in dir und das ist gut für dich - und ich bin fein damit."

Fine oder nicht fine? Man möge es als onkelhaft und sprachpuristisch abtun, sich über so etwas aufzuregen. Weil Vielfalt etwas Gutes ist. Eigentlich ist es aber weder spießig noch einfältig, die neue Dimension des Denglischen zu hinterfragen. Denn wenn die Syntax immer mehr eingedengelt wird, wenn die Eigenheiten von Sprachen abgeschliffen werden, dann war's das irgendwann mit der sprachlichen Vielfalt. Man muss sich deswegen beim Weggehen ja nicht vor fremden Tänzen, Getränken oder neuen Menschen versperren. Im Gegenteil - das wäre verschenkt. Das wusste schon ein großer Münchner Frauenversteher und Englischschüler, der hoffentlich nie diesen Satz gesagt hat: A little what goes always.

© SZ vom 26.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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