Streik in München:Außen Kälte, innen Sauna

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Beim Warten auf dem Bahnsteig frieren die Pendler, in den Waggons drängen sie sich dann schwitzend aneinander: Die Bahngewerkschaften haben den Verkehr in und um München erheblich behindert.

Marco Völklein

Am Münchner Hauptbahnhof zeigte die Anzeigentafel Verspätungen von 20 oder gar 40 Minuten an. Der Regionalexpress 40002, geplante Abfahrtszeit 5:02 Uhr nach Nürnberg, hatte sogar 150 Minuten Verspätung. Hinweise wie "Zug endet hier", "Zugteil bleibt stehen" oder "Zug wird über Augsburg umgeleitet" machten deutlich, dass der Warnstreik Wirkung zeigte.

Reger Betrieb an den Informationsständen und Bahnsteigen: Auch am Münchner Hauptbahnhof waren die Auswirkungen des Streiks zu spüren.  (Foto: dapd)

Mit gezielten Nadelstichen haben die Bahngewerkschaften den Verkehr in und um München zum Teil erheblich behindert. Obwohl sich der Streik ja eigentlich nur auf den Nahverkehr beziehen sollte, waren auch viele Fernreisende betroffen.

Im Münchner S-Bahn-Verkehr war nach Angaben der Bahn vor allem die Strecke der S2 nach Dachau betroffen; hier fielen Züge aus. Die anderen Stammstreckenlinien verkehrten laut Bahn weitgehend planmäßig; einzelne Verstärkerzüge fielen aus, zudem waren oftmals verkürzte Fahrzeugeinheiten im Einsatz, sodass sich die Pendler in den Waggons drängten. Außerdem traten laut Transnet bei den privaten Bahnkonkurrenten in Bayern gut 50 Beschäftigte in den Ausstand. "Auch im Allgäu und im Bayerischen Wald stehen die Züge still", sagte ein Transnet-Sprecher.

Die meisten Reisenden nahmen die Behinderungen aber gelassen auf. "Der Streik war angekündigt; damit musste man rechnen", sagte ein Mann am Münchner Hauptbahnhof.

Die Bahn hatte zusätzliche Servicekräfte eingesetzt, die den Reisenden weiterhelfen sollten. Um die Damen und Herren mit den roten Kappen bildeten sich am Münchner Hauptbahnhof rasch Menschentrauben - zur Hochzeit des Streiks am frühen Morgen mussten viele Servicemitarbeiter aber auch nur die Schultern zucken. "Wenn nichts fährt, dann fährt halt nichts - da können die Mitarbeiter, die hier stehen, auch nichts tun", sagte ein Reisender. Er holte sich daraufhin erst mal einen Kaffee an einem der Stände, die die Bahn kurzfristig eingerichtet hatte.

Auf den Straßen allerdings bildeten sich zum Teil lange Staus. Auf der Autobahn A 99 zwischen Germering und Ludwigsfeld stauten sich die Autos auf bis zu zehn Kilometer Länge. Auch auf den großen Einfallstraßen nach München kam es zu dichtem Verkehr. Offenbar waren viele Pendler aufgrund der Streikankündigung aufs Auto umgestiegen.

Der Chef der Eisenbahnergewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, kündigte an, dass es bis zum nächsten Verhandlungstermin mit der Deutschen Bahn am Freitag "höchstwahrscheinlich" keine weiteren Streiks mehr geben wird. Nach Angaben der beiden Bahngewerkschaften Transnet und GDBA waren bundesweit über 700 Mitarbeiter im Warnstreik; in Bayern waren es laut Transnet rund 200 Mitarbeiter.

Am frühen Morgen konzentrierten sich die Aktionen auf neuralgische Stellen im Bahnnetz, etwa auf Stellwerke. Dies führte dazu, dass die Strecken nicht freigegeben werden konnten beziehungsweise Züge, die auf den Strecken standen, nicht weiterfahren konnten. Somit bildeten sich Zugstaus, die eben auch Auswirkungen auf den Fernverkehr hatten.

München: Streik im Nahverkehr
:"Mittlerweile nervt's!"

Für Fahrgäste kam es am Dienstagmorgen knüppeldick: Sowohl Züge und S-Bahnen als auch U-Bahnen wurden bestreikt. Wie reagierten die Pendler? Eine Umfrage am Münchner Ostbahnhof.

Isabel Meixner

Gegen 8 Uhr beendeten die Gewerkschaften den Ausstand bei der Bahn wieder; der Konzern rechnete allerdings damit, dass sich die Verspätungen und einzelne Zugausfälle bis in den Abend hinein hinziehen werden. Das liegt daran, dass Züge wegen des Streiks irgendwo im Netz hängen und nicht dort zur Verfügung stehen, wo sie laut Fahrplan gebraucht werden.

Reisende sollten sich unter der Telefonnummer 08000/996633 informieren, riet die Bahn. Dort allerdings hörten Anrufer oft nur die Ansage: "Zurzeit sind alle Plätze belegt. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut."

"Das ist wie in der Sauna hier drin"

In München, Augsburg und Nürnberg wurde die Lage kurzfristig auch noch dadurch verschärft, dass die Gewerkschat der Lokführer (GDL) kurzfristig die Beschäftigten im Nahverkehr zu einem Streik bis 19 Uhr aufgerufen hatte.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ließ daraufhin einzelne Verstärkerzüge ausfallen; nach MVG-Angaben fuhren die U-Bahnen in der Regel im Zehn-Minuten-Takt, die Tramlinie 16 entfiel komplett. Einzelne Busse konnten ebenfalls nicht aus den Depots auf die Straßen rollen. Insbesondere an Knotenpunkten wie dem Hauptbahnhof, am Sendlinger Tor, am Marien- sowie am Odeonsplatz drängelten sich die Menschen in den Waggons und auf den Bahnsteigen. "Das ist wie in der Sauna hier drin", sagte eine Frau, die sich am Hauptbahnhof in einen Waggon der Linie U2 gequetscht hatte. Auf den Bahnsteigen dagegen froren die Menschen.

Viele Münchner wichen aufs Rad oder das Auto aus, auf den Straßen war es etwas voller als an anderen Tagen. Die Taxifahrer am Hauptbahnhof berichteten allerdings von einem normalen Geschäft. "Bei uns spüren wir keine höhere Nachfrage", sagte ein Taxifahrer, der am Nordeingang auf Fahrgäste wartete.

Am frühen Abend kommt die nächste Herausforderung auf die MVG zu: Dann wollen - neben den Pendlern, die ohnehin aus ihren Betrieben nach Hause fahren - voraussichtlich Tausende Fußballfans zum Pokalspiel des FC Bayern München gegen Werder Bremen ins Fußballstadion in Fröttmaning.

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