Zwischenbilanz des Bürgermeisters:Auf dem Weg der Besserung

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Tutzings Rathauschef zeichnet in der Bürgerversammlung das Bild eines wieder prosperierenden Orts. Anfragen gelten Seehof, Gehwegstreit und Hauptstraße

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Eigentlich heißt es ja, in Bürgerversammlungen habe endlich der Bürger das Wort. In den meisten Gemeinden spricht aber erst mal ausführlich der erste aller Bürger, nämlich der Bürgermeister, über alles, was er einer größeren Zuhörerschaft nahebringen will. So auch Tutzings Bürgermeister Rudolf Krug (ÖDP) am Dienstag im proppenvollen Roncallihaus. Mehr als 100 geduldig ausharrenden Tutzingern präsentierte der Rathauschef seine Zwischenbilanz nach knapp drei Jahren Machtübernahme im Rathaus. Über eineinhalb Stunden dauerte es, bis zehn Bürger ihre Anliegen vortragen konnten - von der befürchteten hohen Kostenbeteiligung an der neuen Hauptstraße ( siehe Kasten) über den immer noch fehlenden Jugendtreff und Traubinger Hochwasserschutz bis zur Frage, wie der Stand beim Seehof sei und wann denn nun die Gehsteig-"Farce" in der Oskar-Schüler-Straße ein Ende habe.

Krug zeichnete in seinem Rechenschaftsbericht das Bild einer langsam wieder prosperierenden Gemeinde. Dank zunehmender Gewerbesteuereinnahmen - 3,4 Millionen Euro (im Jahr 2001), 1,3 Millionen (2004) und 4,6 Millionen (2015) - und Rücklagen in diesem Jahr von erwarteten zehn Millionen Euro sei die finanzielle Basis solide, um den vorgefundenen "Investitionsstau" anzugehen. Man plane keine "Prestigeprojekte", wolle auch nicht Tutzings Charakter als Naherholungsort beeinträchtigen. Doch nehme man Gelegenheiten wahr, kleine, verträgliche Gewerbegebiete wie jetzt in Traubing auszuweisen.

Mehr als 100 Tutzinger sind zur Bürgerversammlung ins Roncallihaus gekommen. Bürgermeister Rudolf Krug trug zuerst seinen Rechenschaftsbericht vor, dann hatten die Bürger das Wort. (Foto: Arlet Ulfers)

Krug nannte eine ganze Latte von Projekten, die der - wie er hervorhob - sehr konstruktiv arbeitende Gemeinderat und seine beiden Stellvertreterinnen Elisabeth Dörrenberg und Marlene Greinwald mit den Rathausmitarbeitern auf den Weg brachten: Breitbandversorgung, Kindergartenneubauten auf der Rot-Kreuz-Alm, nach 20 Jahren endlich Sanierungsstart der Mittelschule, Startschuss für 60 Sozialwohnungen am Kallerbach, Baureife für ein neues Hotel am Standort des ehemaligen Hotels Simson in der Bräuhausstraße, konkrete Wiederbelebungs-Pläne für den Andechser Hof. Als "Großprojekt für die nächsten 20 Jahre" bezeichnete Krug die Überplanung der Gemeinde und Ortsteile mit derzeit 63 Bebauungsplänen und sechs Flächennutzungsplanänderungen. Wie arbeitsaufwendig so ein Pensum für die Verwaltung einer 9200-Einwohner-Gemeinde ist, mag mit dem Vergleich zur Stadt Weilheim deutlich werden: Dort ist man mit gerade mal 18 Bebauungsplänen beschäftigt. In Bürgerforen sollen alle interessierten Tutzinger mitwirken können.

Schwierig gestaltet sich Krug zufolge das versprochene Einheimischen-Modell, für das sich einer Erhebung zufolge 120 überwiegend jüngere Einwohner interessieren. "Wir haben das nicht aus den Augen verloren. Aber wir müssen was ankaufen", schildert Krug die maue Grundstückssituation. Mit einem "Tutzinger Modell", das Eigentümern Vorteile zusagt, wenn sie die Hälfte ihres Baulandes an die Gemeinde abtreten, sei man jetzt in "losen Verhandlungen". Lob zollte Krug den vielen Ehrenamtlichen, die das Leben am Ort außerordentlich bereicherten. Sie hätten mit der vorbildlichen Integration von Flüchtlingen - derzeit leben 100 in Tutzing - den Ruf als weltoffene Gemeinde so weit getragen, dass sich sogar Gewerbeanfragen ausdrücklich darauf bezogen hätten. Auch das Kulturleben sei Dank vieler Engagierter mit Kulturnacht, Ferienprogramm und heuer mit der Fischerhochzeit beachtlich.

Auf die Frage einer Bürgerin, was aus den Plänen für ein "Jugendzentrum" geworden sei, versicherte Krug, man werde heuer ein Konzept für einen Jugendtreff für Zwölf- bis 14-Jährige erarbeiten, mit dem Kreisjugendring verhandeln und 2018 entsprechende Baumaßnahmen angehen. Optimistisch zeigte sich der Rathauschef, dass für den ausgetrockneten Langer Weiher eine Lösung gefunden werde, wenn auch nicht als Hochwasserrückhaltebecken für Traubing. Ein Personalwechsel im Wasserwirtschaftsamt lasse ihn hoffen. In Sachen Seehof, dem nach wie vor brachliegenden Areal beim Tutzinger Schloss, ist Krug ganz dankbar, dass die Affäre aus den Schlagzeilen raus ist. "Hotel ja, nein, Tutzing ist unfreundlich zu Investoren - wir wurden ja nur noch über den Seehof definiert", erinnert er sich. Man habe noch Kontakt zu den Besitzern, sperre sich auch nicht gegen Vorschläge. "Aber andere Seegrundstücke sind uns auch wichtig", unterstrich Krug.

Über den gesperrten Gehwegabschnitt in der Oskar-Schüler-Straße, den Krugs Amtsvorgänger Stephan Wanner veranlasste, machten mehrere Redner ihrem Unmut und Unverständnis Luft. "Muss nachts erst ein Radfahrer in den blöden Stein fahren?", monierte ein Redner einen aufgestellten Findling vor dem Grundstück. Krug sprach von einer "schrecklichen Situation" und seiner Hoffnung, dass das Landratsamt der beantragten Einweisung für den Grundstücksstreifen, also quasi einer Enteignung, im öffentlichen Interesse an dieser zweitwichtigsten Verbindungsstraße Tutzings und gegenüber der Feuerwehrausfahrt stattgebe. Im Februar oder März sei ein Ortstermin vorgesehen.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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