Abschied:Steinebacher Kultkneipe geschlossen

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Im "Steinebacher" haben Three and One ihre Karriere als Revival-Band von Beatles und Stones-Songs begonnen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Eigentümer des Alten Bahnhofs wollten Kultur und gutes Essen zusammenbringen. Das Konzept ist nicht aufgegangen. Nun setzen Dietlind von Laßberg und Hermann Schweigert auf einen Nachfolger

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Ein schnelles Bier am Abend auf dem Weg vom S-Bahnhof nach Hause, ein gemütlicher Abend mit feinem Essen aus der ambitionierten Küche oder ein paar heitere Stunden in der Comedy Lounge - nichts geht mehr im Alten Bahnhof Steinebach. Dietlind von Laßberg und Hermann Schweigert haben den Gastronomiebetrieb am vergangenen Sonntag eingestellt. Die Gaststätte hat sie zu viele Nerven und zu viel Geld gekostet.

Bedauern allenthalben, hat Wörthsee doch jetzt keine einzige öffentliche Bühne mehr. Proteste gab es nicht. So wie vor 24 Jahren, als Jugendliche auf die Straße gingen und spätabends vor dem Rathaus mit ohrenbetäubendem Lärm demonstrierten, weil sich der Gemeinderat gegen ein Vorkaufsrecht für das damals arg marode Bahnhofsgebäudes ausgesprochen hatte. Eine Initiative hatte sich monatelang für ein Jugend- und Kulturzentrum dort eingesetzt, gegen die damalige CSU-Mehrheit aber keine Chance. Von Subkultur war seinerzeit die Rede und von möglichen kriminellen Machenschaften. Damit wollte man in Wörthsee nichts zu tun haben.

24 Jahre später wollen die Wörthseer offensichtlich auch nichts mehr mit dem "Steinebacher" zu tun haben. Nur etwa 40, fast ausschließlich ältere Interessierte kamen am vergangenen Freitag in den Bahnhof, wo von Laßberg und Schweigert noch einmal die Gründe ihres Aufgebens erläuterten, zugleich aber auch Hoffnung machten. Sie möchten die Kultur in dem denkmalgeschützten Gebäude, das sie vor mehr als drei Jahren gekauft und aufwendig saniert haben, unbedingt erhalten. "Aber das müssen andere machen." Mit der Entscheidung, was mit dem Bahnhof passiert, wollen sie sich bis Herbst Zeit lassen. Es gibt verschiedene Szenarien: Sie finden einen Pächter, der Lokal und Kulturbetrieb weiter führt; sie finden einen Pächter, der nur noch normale Gastronomie anbietet; es findet sich eine komplett andere Nutzung - oder sie verkaufen.

"Der Ort hat das Lokal nicht angenommen", kritisierte Schweigert, aber von Laßberg übte auch Selbstkritik. Die vielen lukrativen privaten Veranstaltungen hätten vielleicht die normalen Gäste vertrieben, meinte sie. "Wenn sie am Freitag und Samstag vor verschlossenen Türen stehen, komme sie am Sonntag nicht mehr."

Regelmäßigere Öffnungszeiten, eine einfachere Küche, eine Lounge für Jugendliche hätten sich viele Wörthseer gewünscht, das wurde am Freitag deutlich, mehr Kneipe als Restaurant. Aus der Versammlung kam der Vorschlag, einen Kulturverein zu gründen. In Seefeld funktioniere das sehr gut. Dazu brauche es allerdings Sponsoren und Leute, die sich ehrenamtlich engagieren.

Unglücklich ist das Ehepaar über das Scheitern seines ehrgeizigen Projekts "Kultur und Kulinarik" nicht. "Wir möchten diese Zeit nicht missen", sagte Schweigert. Und die Eigentümer sind für alles offen. Ohnehin tut sich weiter was im Alten Bahnhof. Die Blaskapelle übt, es gibt Tango- und Gitarrenkurse. Auch das eine oder andere Konzert wird noch über die Bühne gehen. Weiter gebucht werden können die Räume auch für Geburtstage, Hochzeiten oder Firmenfeiern. Und sollte vielleicht jemand auf die Idee kommen, einen Spiele-, Fernseh- oder Diskussionsabend veranstalten zu wollen, "sprechen sie uns wegen der Konditionen einfach an", sagt Schweigert. Auch Bürgermeisterin Christel Muggenthal will den Niedergang der Kultur in Wörthsee nicht so einfach hinnehmen. "Wir müssen eine Lösung finden", sagte sie am Freitag.

© SZ vom 01.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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