Wie sich die Wörthseer ihren Ort vorstellen:Attraktiv, modern und zukunftsorientiert

Lesezeit: 3 min

Idyllisch und dörflich: So soll Steinebach bleiben, deshalb wünschen die Wörthseer keine weiteren Zweitwohnungen. (Foto: Ulfers)

Die Bürger haben sich Gedanken darüber gemacht, wie sich die Gemeinde und ihre Teile entwickeln sollen. Sie wünschen sich einen günstigen Laden, bessere Busverbindungen und mehr Wohnungen, gleichzeitig soll der Charakter der Orte erhalten bleiben

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Es gibt viel Schönes in und am Wörthsee. Da ist natürlich der See selber, einer der idyllischsten und saubersten Badeseen Bayerns. Da sind Dorfkerne, in denen Wirtshaus, Kirche und Maibaum noch einträchtig zusammen stehen. Eine nagelneue Grundschule mit Hort und eine neue Kinderkrippe machen die Gemeinde für Familien attraktiv. Nach München können die Wörthseer mit der S-Bahn oder auf der Lindauer Autobahn pendeln. Rührige Vereine, die die Tradition hochhalten, ein modernes Sportlerheim und altengerechte Wohnungen stehen ebenfalls auf der Habenseite.

Und doch gibt es noch viel zu tun. Mit Hilfe der Städtebauförderung soll Wörthsee, das mittlerweile etwa 5200 Einwohner hat, noch lebens- und liebenswerter werden. In zahlreichen Workshops habe sich viele Bürger darüber Gedanken gemacht. In der jüngsten Gemeinderatssitzung fasste Martina Schneider vom Büro Stadt-Raum-Plan das Ergebnis des Workshops zusammen.

Nahversorgung

Ein großes Thema ist seit einigen Jahren die Nahversorgung - seit die Tengelmann-Filiale an der Etterschlager Straße geschlossen wurde und es nur noch den Edeka-Markt am Ortsrand gibt. Das mag für die Autofahrer nicht so schlimm sein, sie können überall einkaufen. Schlimm ist es für die vielen älteren Menschen, die keinen Wagen haben und denen der örtliche Supermarkt zu teuer ist. Rentnerinnen aus Auing, Steinebach und dem Kuckucksheim fahren mit der S-Bahn nach Weßling oder Gilching zu den Discountern und schleppen ihre Einkaufstaschen dann nach Hause.

Immerhin tut sich nun etwas. Ein Investor hat für eine Rewe-Filiale Interesse am Tengelmann-Grundstück angemeldet. Und es könnte durchaus sein, dass es bald einen Dorfladen in Wörthsee gibt. Dafür wurde der Verein "WIR - Wörthsee isst regional" gegründet, der per Umfrage an alle Haushalte wissen wollte, wie sich die Bürger einen Dorfladen vorstellen und welche Wünsche sie an ihn hätten.

Das Interesse und der Rücklauf waren sehr groß. Auch der Gemeinderat Wörthsee steht zu dem Projekt. In seiner jüngsten Sitzung genehmigte er einen Zuschuss in Höhe von 8350 Euro für den Verein WIR. Das Geld ist für einen Experten gedacht, der den Verein bis zur Eröffnung des eigentlichen Ladens begleiten und unterstützen soll.

Als Standort käme die Filiale der Kreissparkasse an der Etterschlager Straße in Betracht, die bekanntlich geschlossen wird. Die Verhandlungen mit dem Geldinstitut laufen bereits , berichtete Bürgermeisterin Christel Muggenthal im Gemeinderat.

Wohnen und Arbeiten

Wie im gesamten Großraum München ist auch in Wörthsee bezahlbarer Wohnraum Mangelware. Und das nicht erst seit der Asylproblematik. Die Wörthseer wünschen sich eine maßvolle Nachverdichtung und keine weiteren Zweitwohnungen im Ort. Neue Wohnungen könnten ohnehin nur an den Ortsrändern gebaut werden, sagte Schneider.

Die Gemeinde hat 140 Arbeitsplätze je 1000 Einwohner. Mehr wäre möglich, meint die Planerin. So könnten zum Beispiel aus aufgelassenen landwirtschaftlichen Hallen Handwerkerhöfe werden. Und in Wohngebieten könnten durchaus Büros und Dienstleister Platz bekommen.

Tourismus und Verkehr

Eines der größten Probleme in Wörthsee ist der Verkehr. Die Sicherheit von Fußgängern und die Ausstattung mit Radwegen lässt in allen Ortsteilen zu wünschen übrig. Auch der Öffentliche Personennahverkehr könnte gestärkt werden, meinen die Bürger. Vor allem im Sommer, aber auch an schönen Wintertagen sind die Straßen am See zugeparkt. Ausflügler aus München und den Nachbarlandkreisen Fürstenfeldbruck und Landsberg zieht es ans Wasser. Vorschläge gibt es immer wieder, wie mehr Halteverbote, intensivere Verkehrsüberwachung oder Shuttle-Busse vom Ortsrand zum See. Eine echte Lösung ist nicht in Sicht. Bei allem, was möglich ist, ist den Wörthseern vor allem eines wichtig: Die Wohnqualität darf nicht leiden.

Ortsbild und Gastronomie

Dörflich geprägte Ortskerne auf der einen Seite, wunderschöne alte Villen auf der anderen: Das prägt Wörthsee mit seinen Ortsteilen Steinebach, Auing, Walchstadt, Waldbrunn und Etterschlag. Dieser typische Charakter soll unbedingt erhalten und sogar gestärkt werden, da sind sich die Bürger einig. Ganz wichtig ist ihnen auch, dass die Grünstruktur erhalten bleibt und das Seeufer nicht weiter verbaut wird. Eine funktionierende Gastronomie steht ebenfalls auf der Wunschliste der Wörthseer. Die Auinger haben ihren Landgasthof Dietrich, die Etterschlager ihren Alten Wirt, die Steinebacher den Raabe am See, den Kirchenwirt nur noch bis Juni und von Juni an, wenn alles nach Plan läuft, wieder den Augustiner am See. In Walchstadt gibt es schon lange keine Wirtschaft mehr, seitdem der Wörthseeblick zur Obdachlosenunterkunft wurde und nun schon seit Jahren verfällt.

Das Antragsverfahren an die Städtebauförderung läuft. Wenn Wörthsee aufgenommen wird, und die Chancen dafür stehen laut Bürgermeisterin gut, bekommt die Gemeinde nahezu 50 Prozent Zuschüsse für Projekte. Zwei wurden eingereicht: Ortsentwicklungsplanung mit Strategie und gemeinsamen Zielen und Entwicklung der Steinebacher Ortsmitte. Aber das soll es nicht gewesen sein. Der Rat von Martina Schneider: "Wenn sich der Gemeinderat einig ist, purzeln die Projekte nur so raus."

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: