Weßlinger Ausstellung:Die Welt ohne Menschen

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Professor Wolfram Mauser zeigt in einer Ausstellung in Weßling ungewöhnliche Satellitenfotos

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Ist die Welt nur Illusion? Gar ein Abstraktum, eine Kopfgeburt? Solche Fragen stellt man sich, wenn man im Weßlinger Pfarrstadel die Fotos betrachtet, die die Satelliten von der Erde gemacht haben. Was bedeutet dieses Farbenmeer, das dem Betrachter verwirrt? Wolfram Mauser aus Weßling, Professor für Geografie und Fernerkundung an der Münchner Universität, hat die Fotos von der Erde zusammengestellt und was man sieht, könnten Kompositionen eines abstrakten Malers sein. Das hat mit den technischen Aufnahme-Möglichkeiten der Satelliten zu tun. Während das menschliche Auge nur einen ganz kleinen Teil der Wirklichkeit abbilden kann, nutzen die Satelliten die verschiedenen Spektralkanäle des Sonnenlichts. "Die Wirklichkeit ist viel bunter, als wir es mit unseren Augen wahrnehmen können." Mit den Augen der Biene wäre dies besser zu erkennen. Was also für unser Gefühl so abstrakt aussieht, ist das Ergebnis beschränkter menschlicher Sehmöglichkeiten.

Schaut aus wie abstrakte Kunst, ist aber ein Bild von der Erde. (Foto: Arlet Ulfers)

Die ästhetische Wirkung der Satellitenfotos, so wie sie von Mauser aufbereitet wurden und nun in einer Ausstellung im Pfarrstadel zu sehen sind, ist groß. Das Motto lautet auch "Terra Vista - über die Erde als Maler". Tatsächlich sind es fremdartige Aufnahmen aus der Ferne, die je nach Fantasie irritierend oder betörend wirken. Mausers Auswahl ist nicht willkürlich, ihr liegt ein zivilisatorisch-kritisches Prinzip zu Grunde. Die 30 Satelliten-Aufnahmen zeigen eine Welt ohne Menschen und ohne zivilisatorische Spuren und zwar ganz bewusst. Die Erde also in ihrer puren, reinen Gestalt, oder wie es der Weßlinger Wissenschaftler bei der Vernissage ausdrückte: "Die Erde ganz bei sich." Die Idee, nur solche Fotos auszuwählen, hatte mit einem gewissen, beruflichen Überdruss zu tun. "Ich schaue mir seit Jahrzehnten Satellitenfotos an und musste mit ansehen, wie der brasilianische Urwald immer kleiner wird, wie die Städte wachsen, ich ertrug es nicht mehr", beschrieb Mauser seine Situation. Da es Weihnachten war, hatte er Zeit. Die musste er auch aufbringen, denn zu seinem Entsetzen war es gar nicht so einfach, noch Ecken auf dieser Welt zu finden, an denen der Mensch noch keine Spuren hinterlassen hat. Die libysche Wüste vielleicht: Es hatte schon eine Aufnahme gefunden, mit wunderbaren Farbschattierungen, bis er bei näherem Hinsehen eine Landpiste erkannte. Diese musste wohl das Gaddafi-Regime heimlich gebaut haben. "Ich weiß nicht wofür, aber ich entdeckte zahlreiche", berichtete Mauser. Ein paar Wüstenbilder gab es dennoch, wo die Wüste noch Wüste war und es sind fast die schönsten mit ihren feinen, farblichen Verästelungen. Titel gab er den Fotos auch: "Schleier des Lichts", "ewiger Wind" oder "Flamme".

Es handelt sich hier um ein Satellitenfoto von Sibirien, aufbereitet von Wolfram Mauser. (Foto: Arlet Ulfers)

Alles sehr schön, aber am besten ist es, man schaut sie nur an und lässt sich Zeit beim Betrachten. Dann ist die Taklamakan-Wüste eine meditative, bläuliche Fläche und Sibirien ein Ort wie aus einem ScienceFiction-Film. Denn nur in diesen entlegenen Gegend ist die Erde noch ihr eigener Schöpfer und Maler. Nur dort fließt Wirklichkeit und Vorstellung zusammen. Alle Fotos - oder besser Bilder - sind käuflich. Sie kosten jeweils 250 Euro. Der Verkaufserlös geht an die Weßlinger Nachbarschaftshilfe und an den Verein "Unser Dorf".

Die Ausstellung im Pfarrstadel in Weßling ist noch bis Sonntag, 15. November, zu sehen. Die Öffnungszeiten sind von Mittwoch bis Samstag von 16 bis 18 Uhr und am Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

© SZ vom 11.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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