Utting:Von der Buchhalterin zur Buchhändlerin

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Bücher und mehr: In Angelika Kolbs Laden am Dorfbrunnen kann man auch Zeitungen, Büro- und Schulbedarf, Tabakwaren und kleine Geschenke kaufen. (Foto: Georgine Treybal)

Angelika Kolb hat den Laden am Dorfbrunnen übernommen - und sich damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt

Von Armin Greune, Utting

Eigentlich hat Angelika Kolb Hotel-und Touristikkauffrau gelernt. In ihrer Biografie finden sich aber noch weitaus mehr unterschiedliche Professionen. Buchhalterin etwa, Heilpraktikerin und Verlegerin von Kalendern und Grußkarten. "Ich wollte nicht auf den perfekten Job warten", sagt die 50-Jährige heute. Doch nun hat sie sich mit der Übernahme der Buchhandlung am Dorfbrunnen einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Als ihr Vorgänger Wolfgang Schoeren Ende 2015 nach 33 Jahren wegen der anstehenden Sanierungsarbeiten im Haus auszog, stand Kolb schon längst in den Startlöchern.

Schließlich lebt sie seit zehn Jahren in einer Wohnung über dem Laden und zählte zu Schoerens Stammkunden. Der 70-Jährige wusste von ihren Ambitionen, riet ihr aber davon ab, seine Nachfolge anzutreten: "Er hat immer gesagt, Frau Kolb, das wollen Sie nicht." Doch ihre Leseleidenschaft und die Freude an schönen Büchern und Schreibwaren haben gesiegt: Am 16. Juli konnte sie den Laden wieder eröffnen. "Es war wichtig, noch vor den Ferien aufzumachen", sagt Kolb - auch wenn das für sie eine enorme Kraftanstrengung bedeutete.

Nur zehn Tage zuvor hatte sie ihren bisherigen Beruf als selbständige Interimsmanagerin für in finanzielle Schieflage geratene Firmen aufgegeben. Andererseits begann sie bereits im Februar, ihren neuen Kundenstamm aufzubauen und lieferte Bücher aus, die per Telefon oder E-Mail bestellt worden waren. Dazu kamen die umfangreichen Umbauarbeiten am Haus, die nicht nur ihr künftiges Geschäft betrafen, sondern auch im Schlafzimmer zu spüren waren. Im Erdgeschoss aber wütete der Bagger: Zwei Meter tief musste ausgeschachtet werden, bevor das komplette Fundament neu aufgebaut wurde. Es galt, weitere Risse im Gemäuer zu vermeiden. Während das Haus am Dorfbrunnen nach einem Brand 1924 neu aufgebaut wurde, stammte das labile Fundament vermutlich aus dem Jahr 1880. Als in den vergangenen Jahren in der Nachbarschaft gebaut wurde, verschärfte sich das Problem und die Hausbesitzer mussten rasch handeln.

Das Gebäude hat zudem einen neuen Anstrich erhalten, im Laden riecht es noch nach frischer Farbe. Eine gemütliche Leseecke mit vier Stühlen ist eingerichtet, vor dem Kinderbuchregal liegen Kissen für die jüngsten Leser. Ganz fertig sei sie mit der Einrichtung noch nicht, erzählt Kolb: Am Eingang soll ein barrierefreier Zugang mit Rampe und Geländer entstehen, und auch eine Kaffeemaschine vermissen sie und ihre Mitarbeiterinnen Birgit Kayser und Eva Wessels derzeit noch.

Trotz eines großen Schlafdefizits in jüngster Zeit scheint Kolb noch immer vor Energie zu sprühen. Für den Buchladen plant sie schon Autorenlesungen und Märchenstunden; ihre Leseexemplare will sie an Kunden weiterreichen, die als Gegenleistung dann Rezensionen der Bücher verfassen sollen. Kolb will einen Ort zum Wohlfühlen und einen Bürgertreffpunkt schaffen.

"Mir hat es auch weh getan, dass der Uttinger Ortskern nicht mehr so lebendig ist wie früher," sagt sie. Farbengeschäft und Schuhladen im Zentrum sind schon länger Geschichte, Lebensmittelläden sind an die Peripherie gezogen, ein Metzger hat vor mehr als einem Jahr aufgegeben, die Bäckerei wurde vor zwei Jahren geschlossen, aber immerhin von einem Café mit Konditorei abgelöst. Die Wiedereröffnung des Buchladens wurde im Dorf bislang sehr positiv aufgenommen, sagt Kolb. Offenbar auch bei den jüngeren Kunden: Das Schaufenster haben die Uttinger Grundschüler mit Zeichnungen und Gemälden gestaltet. Das verbindende Thema lautet "Neubeginn".

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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