Utting:Kobold und Biber

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Ein Liebespaar kommt sich pantomimisch näher: Karl Wilhelm als falsche Thekla und der "neckische" Kobold Folletterl (Ruben Hagspiel). (Foto: Fuchs)

Die Uttinger Seebühne spielt Nestroy

Von Armin Greune, Utting

"Ich hol nur noch den Staberl, und dann geht's auf zur Kopulation". Nein, zum Äußersten kommt es bei der neuen Seebühnen-Inszenierung dann doch nicht. Und auch der Bräutigam, dem dieser Satz angesichts der bevorstehenden Hochzeit mit der feschen Thekla entgleitet, geht am Ende leer aus. Für das Publikum aber bietet "Der Kobold" nach Johann Nestroy reichlich amüsante Höhepunkte. Für eine kleine Sensation war am Sonntagabend freilich der überraschende Auftritt eines eher unfreiwilligen Komparsen verantwortlich: Während eines Monologs des besagten Staberls (Karl Wilhelm) zog doch tatsächlich hinter ihm ein schwimmender Biber seine Bahn quer durch das Bühnenbild.

Natürlich wurde in der Pause gewitzelt, ob die im Ammersee verankerte Holzbühne derartige Besucher bis zum Ende der Spielsaison verkraftet. Oder es wurde lachend spekuliert, wie es Florian Münzer wohl geschafft haben könnte, das Nagetier für den Auftritt zu gewinnen: Schließlich ist der Seebühnenleiter und -regisseur für seine originellen Requisiten bekannt.

Im Pausengespräche musste sich das Publikum klatschend der Mücken erwehren. Während der Aufführung selbst aber traten die lästigen Blutsauger in den Hintergrund, nicht nur, weil Fledermäuse im Luftraum über den Zuschauerrängen patrouillierten. Vielmehr nahm das oft turbulente Geschehen auf der Bühne die Zuschauer so in den Bann, dass die Moskitogeschwader vorübergehend in Vergessenheit gerieten. Nach der Pause nahm die Inszenierung nochmals Fahrt auf: Das pantomimisch vorgetragene Liebeswerben von Kobold Folletterl (Ruben Hagspiel) und Staberl, der von der Wasserfee Undine in eine stumme Thekla verwandelt wurde, erntete Lachstürme und völlig zu Recht Szenenbeifall. Karl Wilhelm, Holzhausener Urgestein der Seebühne, wurde am Ende auch mit dem lautesten Applaus verabschiedet: Er meisterte die sehr textintensive Rolle des Staberl mit Bravour, nur seine überdeutliche Artikulation wirkte gelegentlich vielleicht ein wenig manieriert. Auch die Profischauspieler im Ensemble überzeugten: der quirlige Kobold Hagspiel ebenso wie Werner Högel, der mit Holger Schmidt-Lutz im Wechsel einen herrlich selbstironischen Bösewicht als Herrscher des Feuerreichs abgab. Claudia Mabell wiederum glänzte als "echte" Thekla mit ihrer Gesangsstimme. Unbedingtes Lob verdienen auch die fantasievollen Kostüme von Christel Gebhardt und das genial-schlichte Plakat, das Barbara Manns entworfen hat.

Über die Handlung aber soll hier vorab nicht viel verraten werden, es geht um das "herrische und das damische Geschlecht", "das Höchste der Gefühle", Parapluies und "edle Naturgeschöpfe" wie das Landvolk. Und wie stets bei der Seebühne sind die ideenreiche Auftritte und Abgänge der Darsteller besondere Leckerbissen - selbst wenn mit dem Biber wohl nicht jedesmal gerechnet werden darf.

Weitere Aufführungen bis 6. August täglich außer montags, 20 Uhr. Kartentelefon: 0700-08806-123

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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