Urteil des Schöffengerichts:Rückwärts gerammt

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Unfallverursacher wird trotzdem freigesprochen

Von Christian Deussing, Gauting

Der Autofahrer hat sich verfolgt und bedroht gefühlt. Er legte aus Panik versehentlich den Rückwärtsgang ein und rammte mit Wucht den Transporter eines Handwerkers, der gerade noch zur Seite springen kann. Der Pkw-Fahrer behauptet jedoch, der Transporter wäre aufgefahren, doch das stimmt nicht. Trotzdem wird der 33-jährige Mann am zweiten Prozesstag vom Schöffengericht Starnberg freigesprochen, weil ein "vorsätzlicher oder fahrlässig gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr" nicht zweifelsfrei nachzuweisen war. Der Vorfall ereignete sich vor gut einem Jahr in der engen Tassilostraße in Gauting. Dabei soll der Handwerker vor der Kollision mit einer Rohrzange auf das Autodach des Angeklagten geschlagen haben.

Das stritt der Kontrahent am Montag in der Verhandlung ab. Er habe aber zweimal aufgeblendet, weil der Fahrer vor ihm öfter "grundlos abgebremst und dann in der Tassilostraße angehalten hat". Da habe er ans Autofenster geklopft und sei danach zu seinem Wagen zurückgegangen - als der andere "zwölf Meter vorfuhr, aber plötzlich mit heulendem Motor und hohem Tempo zurückgesetzt" sei. Der Unfallschaden belief sich auf 7500 Euro.

Der 48-jährige Zeuge aus Gauting erinnerte sich auch daran, damals von dem Angeklagten in der Germeringer Straße mehrfach "riskant überholt" worden zu sein. Das leugnete wiederum der Gegner, der nach eigenen Angaben in Gauting extra einen Umweg gefahren sei, um den Transporter abzuschütteln. In der Tassilostraße sei der Angeklagte womöglich provoziert worden, doch er habe fahrlässig mit dem gefährlichen Rückwärtsmanöver einen Unfall mit erheblichem Schaden verursacht, befand die Staatsanwältin und forderte eine achtmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Sie verlangte außerdem, für ein weiteres Jahr dem Mann die Fahrerlaubnis zu entziehen. Für den Verteidiger war es hingegen eindeutig, dass sein Mandant aus "Furcht im Notwehrexzess den falschen Gang erwischt" habe. Zudem seien die Angaben des Kontrahenten "widersprüchlich" und teilweise nicht glaubhaft.

Auch für den Gutachter war es überdies nicht plausibel, warum der Handwerker den Umweg über die Tassilostraße genommen habe. Und es sei denkbar, dass das Auto nur vier Meter vom Klein-Lkw entfernt gewesen sei und der verwirrte Autofahrer es nicht mehr schaffte, zu bremsen. "Ich hatte nicht geplant, dem anderen reinzufahren", sagte der Angeklagte. Das Gericht glaubte ihm, auch wenn nicht alles genau zu klären war.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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