Refugium Behringerpark:24-Stunden-Pflege mal anders

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Bernrieds Altbürgermeister Walter Eberl (re.) kam zur Eröffnung des Tutzinger Refugiums Beringerpark. (Foto: Arlet Ulfers)

Seit Juni sind im Tutzinger Refugium Beringerpark zwei Wohngemeinschaften für Intensivpflege untergebracht. Zwei Patienten werden gerade betreut. Die Experten wissen aus Erfahrung, Projekte dieser Art laufen langsam an

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

Es ist ein Ort der Ruhe und Geborgenheit. Die zwölf barrierefreien Appartements sind gemütlich eingerichtet, hell und freundlich. Der Blick geht ins Grüne, manche der großzügigen Zimmer mit Balkon haben sogar See- und Bergblick. Seit Juni sind im Refugium Beringerpark zwei Wohngemeinschaften für Intensivpflege untergebracht. Der Neubau wurde an das Münchener Unternehmen Fero-Medik vermietet, das sich auf die 24 Stunden Betreuung von schwerstkranken Menschen spezialisiert hat. Am Freitag wurde Einweihung gefeiert. "Nachdem wir einige Steine in den Weg gelegt bekommen haben, ist das das Beste nach einer Hospizstation", sagte Ernst Knop, einer der Gesellschafter und Initiatoren des Refugiums Beringerpark.

Die gemeinnützige Gesellschaft für Hospiz- und Palliativ-Wirken, die den Neubau in dem 6000 Quadratmeter großen Park alleine aus Spendengeldern finanziert hat, wollte hier zunächst ein Hospiz einrichten. Doch das Hospiz Polling hatte Vorbehalte. Man befürchtete, dass eine Konkurrenz in unmittelbarer Nähe entstehen könnte und man sich gegenseitig Patienten sowie Spendengelder wegnimmt. Tutzing startete im vergangenen Jahr. Damals waren die Verantwortlichen noch guter Dinge, dass die Einrichtung eine wertvolle Ergänzung für Polling sein könnte. Doch die Krankenkassen lehnten einen Versorgungsvertrag ab, so dass der Aufenthalt von schwerstkranken Patienten nicht finanziert wurde. Die Folge war, dass die Einrichtung im März wieder schließen musste. Nach Überwindung einer Durststrecke sei nun mit der Wohngemeinschaft für Intensivpflege ein Neustart gelungen, sagte der Altbürgermeister von Bernried und Mitgesellschafter Walter Eberl. "Wir hatten uns etwas Anderes vorgestellt, aber jetzt ist diese Entwicklung sehr positiv", freute sich Professor Friedrich Dittmar, der ebenso wie Egon Gniwotta davon überzeugt ist, dass diese Einrichtung den ursprünglichen Vorstellungen der Gesellschafter sehr nahekomme.

In Wohngemeinschaften für Intensivpflege werden beispielsweise Unfallopfer mit schwersten Verletzungen, Wachkoma- oder Beatmungspatienten betreut. Sie sind eine Alternative zu den stationären Einrichtungen, die es bislang nur in München gibt. Die Einrichtung am Beringerpark ist die erste im Landkreis. Nach Auskunft des zuständigen Mitarbeiters im Landratsamt, Peter Distler-Hohenstatt, gibt es durchaus einen Bedarf dafür. In Herrsching sei eine weitere Wohngruppe in Planung. "Die Leute werden sich immer häufiger in Genossenschaften zusammenschließen, sie sollen selbstbestimmt leben", erklärte Distler-Hohenstatt, der für Aufsicht und Kontrolle von Pflegeinrichtungen zuständig ist. Der Vorteil sei, dass diese Form der Pflege mehr Freiheiten für den Patienten biete, die ausschließlich von Krankenhäusern und Rehakliniken überwiesen werden. Und im Gegensatz zu einem Hospiz ist es nach seinen Erfahrungen leichter, einen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen zu bekommen.

Nach Angaben von Fero-Medik-Geschäftsführerin Snezana Conic gibt es Patienten, die aufstehen können, andere seien nicht ansprechbar. Alle werden regelmäßig nach Draußen gebracht, es sei denn, sie möchten es nicht. Sogar Wachkomapatienten können sich nach ihren Erfahrungen deutlich äußern, wenn sie etwas nicht wollen. Laut Conic werden zwar aktuell nur zwei Patienten in Tutzing betreut, aber das sieht sie gelassen. Das Unternehmen besteht seit 15 Jahren. In dieser Zeit habe sie Wohngruppen in München, Ottobrunn und Fürstenfeldbruck aufgebaut, in denen insgesamt rund 50 Mitarbeiter arbeiten. Conic weiß aus Erfahrung, dass es Zeit braucht, bis die Wohngruppen angelaufen sind. Zu schnelles Wachstum gehe auf Kosten der Qualität, sagt sie. "So lange nehmen wir Minus-Kosten in Kauf."

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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