Tutzing:Sendepause

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Nur die CSU schickt heuer eine Rednerin ins Tutzinger Bierzelt. Die anderen Parteien passen

Von Gerhard Summer, Tutzing

Es ist gar nicht so lange her, da schickten die Parteien noch ihre Spitzenleute ins Tutzinger Bierzelt. Helmut Kohl, Guido Westerwelle und Otto Schily hielten markige Ansprachen. Hans-Dietrich Genscher und Hannelore Kraft kamen zum Politabend. Und als Karl-Theodor zu Guttenberg auftrat, lagen ihm die Tutzinger mehr oder minder zu Füßen.

Doch vom Glanz alter Zeiten ist nicht mehr viel übrig geblieben: Die CSU bietet heuer zum Start des kleinen Volksfestes am Freitag zwar eine einigermaßen prominente Rednerin auf: Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Aber das war's dann auch schon. Weder die SPD noch die FDP oder die Grünen nutzen diesmal die Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Was auch damit zu tun haben mag, dass in nächster Zeit keine Wahlen anstehen und die Mitstreiter nach den vier vergangenen Wahlkämpfen ausgelaugt sind.

Die Parteien selbst geben andere Gründe an: Bei den Sozialdemokraten ist die Kasse leer. Den stark angeschlagenen Liberalen fehlt es an Zugpferden. Und die Grünen können eine Wiederauflage ihres Kulturabends von 2013 weder personell noch finanziell stemmen. Ohnehin glauben sie, dass sich das Format des örtlichen Politabends überlebt hat.

Die SPD hatte schon 2010 und 2011 zweimal hintereinander passen müssen, unter anderem, weil Politiker wie Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier absagten und weil es Unklarheiten wegen des Termins gab. Auch heuer ist Sendepause. Wie die Kreisvorsitzende Julia Ney sagt, finde sie das "extrem schade, weil das eine tolle Veranstaltung ist" und die Auftritte etwa von Hannelore Kraft und Christian Ude "Spaß gemacht haben". Aber so ein Politabend gehe ins Geld. Zu den Kosten für die Veranstaltungstechnik kämen noch die Ausgaben für Ordner im Zelt, die Kapelle, die Plakate und einen Fotografen; selbstredend halte die SPD auch prominente Gäste frei. Insgesamt summiere sich das auf 2000 bis 2500 Euro, "und das ist heuer nicht drin". Die Kasse des Kreisverbands sei "auf Null, wenn nicht im Minus".

Gerda Hasselfeldt (CSU) soll die Stimmung im Festzelt anheizen. (Foto: dpa)

Die FDP hat ein noch größeres Problem: Sie ist nach den vielen schmerzlichen Wahlniederlagen nicht mehr im Bund vertreten und stellt keinen Minister mehr, damit fehlt ihr auch ein Zugpferd, das ein 700-Mann-Zelt füllt. Schließlich könne sie schlecht eine Ex-Europaabgeordnete wie Nadia Hirsch zur Festwoche aufbieten, weiß die Kreisvorsitzende Sigrid Friedl-Lausenmeyer, "das interessiert keinen Menschen". Trotzdem versuchte die FDP, die einen "sehr hohen Anspruch" an potenzielle Bierzeltredner habe, ihr Glück. Sie fragte bei Wolfgang Kubicki und Otto Graf Lambsdorff an. Doch der eine wolle sich auf seine berufliche Arbeit als Anwalt konzentrieren, der andere habe keine Zeit gehabt, sagt Friedl-Lausenmeyer. Ihr Resümee: "Die Veranstaltung kostet sehr viel Geld und Energie - das brauchen wir für anderes, wir sind einfach angeschlagen." Klar sei aber: "Wir wollen nächstes Jahr weitermachen, wir haben nicht vor, den Kopf in den Sand zu stecken." Die erste Pause übrigens für die FDP seit Erfindung des Politabends vor etwa 15 Jahren. Der Veranstalter der Festwoche, der JM-Freizeitclub, und sein heutiger Ehrenvorsitzender Hubert Hupfauf, waren damals auf die Idee gekommen, auf diese Weise den Bierumsatz anzukurbeln.

Die Grünen wiederum haben sich gar nicht darum bemüht, einen prominenten Redner in die Arena zu schicken. Sie hatten im vergangenen Jahr eine Alternative geboten: eine "Superveranstaltung" mit Urban Priol und Hans Wells "Wellbappn", wie der Kreisvorsitzende Bernd Pfitzner findet. Das sei ein "Riesenkraftakt" gewesen. Er selbst habe eine Woche Urlaub genommen, um alles auf die Reihe zu bringen. Am Ende mussten die Grünen noch draufzahlen. Pfitzners Erklärung: Erst sei ein Zelt für 1000 Leute geplant gewesen, weshalb die Grünen noch einen zweiten Kabarettisten ins Boot holten und kräftig Werbung machten, dann hatte der Wirt doch nur ein 700-Mann-Zelt dabei. Die Wiederholung des Kulturabends sei heuer aber nicht zu stemmen, zumal Hans Well zu dem anvisierten Termin keine Zeit habe. Ohnehin stelle sich die Frage, warum die CSU in aller Regel den gut besuchten Freitagabend mit dem Einzug der Vereine und Fahnenabordnungen bekomme und den Grünen oft nur der maue Dienstagabend angeboten werde, meint Pfitzner.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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