SZ-Serie: Routen der Römer, Folge 7:Römische Wellness-Oase

Lesezeit: 3 min

Auf einer Liegewiese in Schondorf sind Spuren eines römischen Badehauses entdeckt worden. Zu den Fundstücken gehört ein Bronzegriff in Form eines Delfins, der mittlerweile im Rathaus ausgestellt ist

Von Armin Greune, Schondorf

Der Ammersee gilt nicht erst seit den legendären Badezügen der 1920er Jahre als Naherholungsgebiet der Augsburger. Schon 1700 Jahre früher wussten die Bewohner von Augusta Vindelicorum die landschaftliche Schönheit und die Freizeitqualitäten des Ambro oder Amber lacus zu schätzen. In der Hauptstadt der römischen Provinz Raetia lebten seinerzeit bereits mehr als 10 000 Menschen, gut ausgebaute Verkehrswege verbanden sie mit anderen Metropolen des Reiches, und auch zum Ammersee führte eine Römerstraße, deren genauer Verlauf freilich noch immer unter den Historikern umstritten ist. Keine Zweifel bestehen hingegen darüber, dass die Römer unter dem Stiefsohn des Kaisers Augustus, Drusus, Raetia um 15 vor Christus erobert hatte und die Provinz zur Hochzeit vom Schwarzwald bis zum Inn und von Regensburg bis zum Tessin und nach Bozen reichte.

Gut zwei Jahrhunderte nach der Besetzung umgaben den Ammersee eine Reihe von Gutshöfen (Villae rusticae): Bei Herrsching, Erling, Machtlfing, Wielenbach und Unterschondorf, wie Professor Cornelius Mayer-Tasch in einer Broschüre für den Schondorfer Kreis für Kultur und Landschaftspflege festgehalten hat. Sie wurde 2005 veröffentlicht, als auf der gemeindeeigenen Badewiese am südlichen Uferweg eine Rekonstruktion der Grundmauern der Schondorfer Villa eröffnet wurde. Dazu wurde der "Römerstein", eingeweiht, eine Stele, die der örtliche Künstler Andreas Kloker angefertigt hatte. Finanziert wurde die Gedenkstätte vom Schondorfer Kreis, der Kommune und dem Landheim - denn das örtliche Internat feierte seinerzeit das hundertjährige Bestehen. Seine Geschichte ist auch eng mit dem römischen Wohn- und Badehaus am Ammersees verknüpft: 1924 legte der Geschichtslehrer Heinrich Blendinger mit Schülern des Landheims unter Anleitung des Landesamts für Denkmalpflege die Grundmauern der Villa rustica frei.

1 / 3
(Foto: Georgine Treybal)

Mit Kies sind auf der Wiese am Seeweg die Umrisse des Badehauses nachgebildet worden, Tafeln erläutern die Funktion der Räume.

2 / 3
(Foto: Georgine Treybal)

Funde aus der Römerzeit wie der Henkelkrug sind im Schondorfer Rathaus ausgestellt.

3 / 3
(Foto: Georgine Treybal)

Der Gedenkstein von Andreas Kloker wurde 2004 an der Ausgrabungsstätte der Villa aufgestellt.

Bereits einhundert Jahre zuvor hatte ein Pfarrer aus der Augsburger Gegend nach verborgenen Schätzen gegraben, nachdem ihm Schondorfer Bauern erzählt hatten, dass sie beim Pflügen "helle Klänge" gehört hätten, die auf verborgene Schätze schließen ließen. Der Geistliche fand Tuffsteinmauern und Ziegelsteine, doch seine ungenehmigte Grabung wurde schon nach einigen Tagen wieder eingestellt. Die Landheimer aber förderten 1924 einen symmetrischen Bau mit zwei Flügeln zutage, der zum See hin mit einem Säulengang versehen war. Bis heute unentdeckt blieb der eigentliche Gutshof: Mayer-Tasch vermutet, das Wirtschaftsgebäude sei oberhalb des Badehauses positioniert gewesen.

In seiner Schrift ist auch ein Abdruck der "Mitteilungen des Altlandheimer Bundes" vom April 1925 enthalten, in denen Blendinger von seiner Ausgrabung und den damit verbundenen Entdeckungen berichtet. Unter anderem fanden die Hobbyarchäologen Töpfereischerben, bemalte Wandstücke aus dem Umkleideraum und einen Bronzegriff in Form eines Delfins - Fundstücke, die nun in einer Vitrine im Foyer des Schondorfer Rathauses präsentiert werden. Dort sind auch zwei Gefäße aus römischer Zeit, ein rostzerfressenes Schwert und eine Speerspitze ausgestellt sowie viele Münzen, die auf die Zeit von 198 bis 281 nach Christus datiert werden. Allerdings ist unklar, ob auch sie aus der Schondorfer Scholle stammen: Die ursprünglichen Funde seien auch durch Zukäufe ergänzt worden, sagt Verwaltungschef Ralf Müller.

Mayer-Tasch meint, das Schondorfer Badehaus sei in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts errichtet und von seinen Herren in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts wieder aufgegeben worden. Blendingers Ausgrabung brachte Indizien ans Licht, dass die Villa danach weiter genutzt wurde: etwa zwei kleine Kreuze aus Eisenblech, mit denen sich frühchristliche Bauern gegen böse Geister in dem vermeintlich heidnischen Gemäuer schützen wollten. In den folgenden Jahrhunderten diente die Villa rustica den Unterschondorfern als Steinbruch und Kalkquelle, möglicherweise wurden einige Tuffsteinquader 1149 zum Bau der Jakobskirche verwendet. Auf die Zeit der Römerherrschaft dürfte auch der Ortsname "Weingarten" für das Waldstück zwischen Schondorf und Eching zurückzuführen sein.

Der von den Landheimern freigelegte und bestens dokumentierte Grundriss zeigt die typische Anordnung römischer Badehäuser: Vom Umkleideraum Apodyterium geht es entweder ins Figidarium (Kaltbad) oder über das Lau-Bad Tepidarium zum Caldarium (Warmbad). Diese Räume wurden ebenso wie zwei Räume des Wohnflügels mit einer von einem Holzofen befeuerten Fußbodenheizung erwärmt. Blendinger vermutet, dass mehrere Tage geheizt werden musste, bis die Wannen und das Gemäuer die gewünschte Temperatur erreicht hatten. Wenige Jahre nach der Freilegung ordneten die Denkmalbehörden an, dass die Grube wieder zugeschüttet wird - denn unter dem Erdreich ist die archäologische Fundstätte am besten geschützt.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: