Streit um Krötenwanderung:Ein Fall für die Juristen

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Weßling will das Staatliche Bauamt verklagen, wenn nicht sofort Maßnahmen zum Schutz der Amphibien umgesetzt werden

Von Patrizia Steipe, Weßling

Die Gemeinde Weßling erwägt, rechtliche Schritte gegen das Staatliche Bauamt Weilheim einzuleiten. Außerdem fordern die Gemeinderäte Sofortmaßnahmen an der umstrittenen Amphibienschutzanlage entlang der Weßlinger Umfahrung. In etwa vier Wochen beginnt die Rückkehr der Frösche und Kröten von ihren Laichgewässern. Umfangreiche Sanierungsarbeiten an der 1,8 Kilometer langen Anlage mit ihren 42 Durchlässen hätte die Behörde versprochen, damit die teilweise vom Aussterben bedrohten Tiere die Schutzanlage endlich akzeptierten. "Geschehen ist nichts", ärgerte sich Daniela Brombach, Amphibienschützern im Bund Naturschutz aus Wörthsee. Dem Umweltbeirat der Nachbargemeinde berichtete sie in der letzten Sitzung von ihren Beobachtungen entlang der Strecke.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Sitzungssaal das Thema behandelt wurde; und die Gefahr ist groß, dass sich die erschütternden Fotos über die Rückwanderung des vergangenen Jahres wiederholen werden. Damals waren Jungfrösche mit ihrer extrem dünnen Haut, genannt "Hüpferlinge", scharenweise an den "wasserziehenden" Betonwänden der Anlage kleben geblieben und verendet. Das Problem mit dem Beton sei der Lieferfirma unbekannt, wunderte sich Brombach. Das Weßlinger Artenspektrum sei einzigartig. Als Lösung hatte das Straßenbauamt eine Hydrophobierung der Wände in Aussicht gestellt. Dabei wird der Beton mit einer Farbe bestrichen, die eindringt und eine wasserabweisende Silikonharzschicht bildet. "Warum ist das noch nicht geschehen?", fragte Brombach.

Es gibt aber noch weitere Probleme. Um die Population seltener Amphibien wie Kammmolche und Springfrösche zu bewahren, müsste es mindestens 75 Prozent aller Tiere gelingen, auf die andere Seite der Straße zu kommen. Bei der Hinwanderung hätten die ehrenamtlichen Zähler des Bundes Naturschutzes nur "einstellige Prozentzahlen" festgestellt. "Mit diesen Zahlen wird die Population aussterben", befürchtete Brombach, die im Frühjahr mit anderen Helfern die Tiere deswegen wieder per Hand über die Straße getragen hatte.

Die Mitglieder des Umweltausschusses wollen dem Artensterben nicht länger zusehen. Für sie ist das Ganze ein Fall für den Hausjuristen. Offensichtlich seien die vertraglich im Planfeststellungsbeschluss zugesicherten Leistungen nicht erbracht worden, so zweiter Bürgermeister Michael Sturm (FW). Scharfe Schreiben sollen nicht nur an das Straßenbauamt gehen, sondern es soll auch die Naturschutzbehörde eingeschalten werden.

Außerdem fordert die Gemeinde Sofortmaßnahmen wie einen zwei Kilometer langen Krötenzaun, falls es der Behörde nicht gelingt, vor der nächsten Amphibienwanderung die zugesagten Maßnahmen durchzuführen. So sollen die Wegweiser in die Tunnel erhöht und verstärkt werden, alkalische Beläge müssen von den Leitlinien abgekratzt werden, die Durchlässe brauchen einen Windschutz, die mit großen Steinen befestigten Abhänge sollen mit Humus belegt werden, damit die Amphibien leichter rüberkriechen können und vor allem müssen die Betonwände gestrichen werden. "Realisierungen der Lösungen stehen zeitnah bevor", heißt es in einem Schreiben der Weilheimer Behörde. Für Brombach kommt das eventuell zu spät.

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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