Wirtshaus in Steinebach:Traditionslokal mit ungewisser Zukunft

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Das Wirtshaus Raabe ist Kernstück des Wörthseer Ortszentrums. Das Areal gehört Wilhelm Raabe alias Tiger Willi. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Familie Raabe will ihr Grundstück mitten im Ort umgestalten und Wohnhäuser bauen. Die Gemeinde würde dabei gerne die Gastronomie erhalten. Eine Garantie wird sich aber schwer durchsetzen lassen.

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Wie lange es das Wirtshaus gegenüber der St. Martinskirche in Steinebach schon gibt, ist nicht bekannt. Auf alle Fälle "seit unvordenklichen Zeiten", wie es in einem alten Gemeinderatsprotokoll heißt. Sicher ist, dass Carl Raabe das imposante Gebäude im Ortskern von Steinebach 1911 kaufte. Heute sind Wilhelm Raabe, weithin bekannt als "Tiger Willi", und seine Frau Andrea Eigentümer des Kirchenwirts und des umliegenden Areals an der Ecke Etterschlager/Weßlinger Straße. Sie wollen das Grundstück nun bebauen.

In der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend wurden die Pläne nun zum ersten Mal öffentlich behandelt. Bauingenieurin Anneliese Hagl stellte vor, was sich die Familie Raabe vorstellt. Mit den Ideen des Planungsverbands, den die Gemeinde mit der Aufstellung des Bebauungsplans für das Gebiet an der Hauptstraße beauftragt hat, war man überhaupt nicht einverstanden. Der Entwurf sei "schlichtweg falsch", was die Höhenentwicklung des Geländes angeht, meinte Planerin Hagl. Außerdem wirke die Bebauung wie ein Riegel an der Etterschlager Straße. Ihr Konzept dagegen sei luftig und durchgängig.

Der Familie Raabe sei daran gelegen, den Ortskern zu beleben. Sie wolle einen "Wildwuchs der Bebauung" verhindern, das Wirtshausgebäude erhalten, einen städtebaulichen Vertrag schließen und die Planungskosten übernehmen. Neu auf dem 2719 Quadratmeter großen Grundstück sollen zwei Wohngebäude mit einer Grundfläche von 205 und 410 Quadratmeter sowie ein 70 Quadratmeter großer Pavillon entstehen. Damit unterscheidet sich der Raabe-Entwurf ganz entscheidend von dem des Planungsverbands: Während letzterer für die Wohnbebauung 420 Quadratmeter Grundfläche vorsieht, sind es bei Hagl 615. Dagegen ist das Gebäude - der Pavillon -, in dem Gewerbe vorgesehen ist, beim Verband 125 Quadratmeter groß, bei Hagl nur 70. Dort kann sich Hagl zum Beispiel eine Bäckerei, ein Café oder einen Dorfladen vorstellen.

Alles schön und gut. Die Gemeinderäte wären wohl mit dem größeren Baurecht einverstanden, wenn Familie Raabe nicht nur den Erhalt des Wirtshausgebäudes, sondern auch der Gastronomie garantieren würde. Denn das wünschen sich die Bürger vor allem, wie die Workshops zum Thema Hauptstraße gezeigt haben. Eine Zusage, dass es auch in Zukunft eine Wirtschaft im Wirtshaus geben werde, sei allerdings mit den Raabes nicht zu machen, sagte Hagl: "Gewerbenutzung festschreiben ja, Wirtschaft nein." Nicht einmal die Garantie für eine "Teilgastronomie" im Erdgeschoss wollte Hagl geben. Sie bezweifelte, dass sich eine Gaststätte an dieser Stelle noch lohne. Der Pächter des Kirchenwirts arbeite "am Rande der Wirtschaftlichkeit", sagte die Planerin. Der Pachtvertrag ende im nächsten Jahr.

Das sahen einige Gemeinderäte ganz anders. "Ohne Wirtschaft wird es überhaupt keine Belebung der Ortsmitte geben", prophezeite Vize-Bürgermeister Konrad Gritschneder. Josef Wittenberger (CSU) befürchtete, dass durch die dominante Wohnbebauung der Charakter des Quartiers verloren gehe. Und die Warnung von Arthur Schnorfeil (SPD) war deutlich: "Die Wirtschaft muss erhalten bleiben. Wenn die Familie Raabe nicht will, will der Gemeinderat vielleicht auch nicht mehr." Ob eine Gaststätte erfolgreich sei, liege nicht am Standort, sondern nur am Betreiber, sagte Martina Jursch (CSU). "Wenn ein Wirt gut kocht und nett ist, läuft das auch", wie das Landgasthaus Dietrich in Auing zeige.

"Wir müssen noch viel hinterfragen und dann sagen, was wir wollen", meinte Paul Grundler (Wörthsee-Aktiv). Die Verwaltung und Bürgermeisterin Christel Muggenthal sollen nun zusammen mit der Familie Raabe, dem Anwalt der Gemeinde und dem Planungsverband einen städtebaulichen Vertrag erarbeiten. "Damit endlich etwas weiter geht", wie die Bürgermeisterin sagt.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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