Bürgerversammlung:Städtische Leistungsschau

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Die Starnberger Rathaus-Chefin Eva John geht in der Bürgerversammlung detailreich auf nahezu alle Themen ein. Klar wird, dass die großen Probleme wie Verkehr und Seeanbindung erst im Jahr 2016 wieder aktuell werden

Von Peter Haacke, Starnberg

Bürgerversammlungen gelten als Königsdisziplin der bayerischen Rathaus-Chefs: Wenigstens einmal pro Jahr muss der Bürgermeister laut Gemeindeordnung eine Versammlung einberufen, bei der auch die anwesenden Bürger ihre Anliegen vortragen können. In Starnberg gipfelte diese Veranstaltung in der Vergangenheit oft genug in erbittert geführte Auseinandersetzungen mit verbalen Angriffen. Davon war in der dreistündigen Versammlung am Dienstagabend in der Schlossberghalle nichts zu spüren: In bemerkenswert sachlicher Atmosphäre lauschten rund 330 Zuhörer zunächst den Ausführungen von Bürgermeisterin Eva John, die in ihrem knapp 90-minütigen Rechenschaftsbericht die aus ihrer Sicht wichtigsten Ereignisse für die Stadt benannte. Im Anschluss daran hatten - ohne Pause - die Anwesenden Gelegenheit, Fragen vorzutragen (siehe Bericht unten). John zeigte sich gut vorbereitet und nahm auch zu umstrittenen Themen umfassend Stellung. Irritierend wirkten allein die Gewichtung der Themen zur städtischen Leistungsschau sowie der Umstand, dass die Bürgermeisterin in ihrem Vortrag vor allem eine Person - im wahrsten Sinne des Wortes - ins Bild gerückt hatte: Eva John.

Die Anzahl der Fotos mit Bürgermeisterin während der Ausführungen - begleitet von einer visuellen Präsentation - schätzten aufmerksame Beobachter auf wenigstens 20 Aufnahmen. Einig waren sich die meisten Besucher aber in der Einschätzung, dass "Bürgernähe" das zentrale Anliegen der Botschaft aus dem Rathaus gewesen sein dürfte. John hatte - wie schon im Vorjahr - einen detailreichen Vortrag gehalten, bei dem die unterschiedlichsten Aspekte unabhängig von ihrer Relevanz gleichberechtigt aneinander gereiht wurden. Deutlich wurde dabei aber auch, dass es bei entscheidenden Starnberger Themenkomplexen wie Seeanbindung und Verkehr erst 2016 weiter vorangehen wird.

Nur beiläufig erwähnte die Bürgermeisterin die teils heftig umstrittenen Beschlüsse, die der namentlich vorgestellte Stadtrat - diesmal bestens verteilt im Auditorium - seit der Neuwahl im April gefällt hatte: Zentrale Themen wie Fracking, Straßenausbaubeitragssatzung, Baumschutzverordnung oder auch die verworfene Anmietung des "Centrums" fanden als Stichworte auf nur einer Folie Platz. Wesentlich ausführlicher ging es dagegen in der unpolitischen Retrospektive zur Sache, bei der die Bürgermeisterin aus dem Vollen schöpfte: John würdigte das vielfältige kulturelle Engagement in der Stadt, Feste und Feierlichkeiten - vom Schlossfest mit Renaissancemarkt über "Starnberg bewegt" und "Nacht der langen Tafel" bis hin zu einer Party des Jugendtreffs "Nepomuk".

Großen Applaus gab es auch für die Mitarbeiter des Wasserwerks und des Betriebshofs (John: "Da könnte man eine ganze Veranstaltung draus machen"), die mit ihrem Engagement das äußere Erscheinungsbild der 23 723 Einwohner (Stand: Dezember 2014) zählenden Kreisstadt nachhaltig prägen. Dazu gab es harte Zahlen: So hat die Stadt zum Wohlgefallen der Bürger 4500 Tulpen, 2260 Stiefmütterchen sowie 4800 Zierlauch gepflanzt und diverse Fußwegverbindungen verschönt. Nicht fehlen durfte eine Übersicht der Dienstleistungen aus den verschiedenen Abteilungen der Rathausverwaltung. Wichtig erschienen der Bürgermeisterin auch diverse gesellschaftliche Ereignisse: Sportlerehrung, der Besuch der U-Boot-Besatzung "Delta" und der Freunde von Dinard, diverse Investitionen in die Feuerwehren oder das Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen der Feuerwehr Leutstetten. Immerhin: Ein Boot der Wasserwacht trägt nun den Namen "Eva", und Starnberg hat mit dem Waldfriedhof sogar eine preisgekrönte Ruhestätte.

Weitere Themen waren "Starnberg - barrierefrei 2023", das Ferienprogramm, die energetische Sanierung der Franz-Dietrich-Halle, die Situation der Schulen, Kindergärten und -horte, der Samstagsmarkt auf dem Kirchplatz, E-Tankstellen in der Ludwigstraße, FOS/BOS im Seilerweg, MVV, Wasserpark, Baumaßnahmen rund um den Georgenbach, das Einheimischenmodell am Wiesengrund oder das Thema Verkehrssicherheit - gewährleistet durch 24 Geschwindigkeitsmessgeräte, Querungshilfen sowie breitere Gehwege.

Auffallend: Vermeintlich "große" Themen für Starnberg - Finanzen, Verkehrsentwicklung, Seeanbindung oder die Situation der Flüchtlinge - fanden annähernd die gleiche Aufmerksamkeit wie die vielen "kleinen". So gestand John denn zum Ende ihres ausschweifenden Berichtes auch ein, dass ihr Bericht zwar nicht vollständig, aber durchaus "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt worden sei.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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