Starnberg:Sportverein im Ausnahmezustand

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Im TSV Starnberg brodelt es, seit Geschäftsführerin Palm gekündigt hat. Eine Palastrevolution kündigt sich an.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Nachricht schlug in der überschaubaren Starnberger Sportszene ein wie eine Bombe: Carola Palm, langjährige Geschäftsführerin des TSV 1880 Starnberg, habe fristgerecht gekündigt, hieß es in der E-Mail, die von Petra Otterbach am Mittwochnachmittag auf den Weg gebracht worden war. "Meinungsverschiedenheiten zwischen Präsidium und Geschäftsführung über Aufgabenverantwortung und -zuständigkeit", so ist es in dem Schreiben formuliert, sowie "die Position der Geschäftsführung" seien auch in mehreren Gesprächen über einen längeren Zeitraum nicht zu klären gewesen. Bereits am kommenden Montag sollte Palm im kleinen Rahmen in der TSV-Geschäftsstelle offiziell verabschiedet werden - nach insgesamt etwa 23 Jahren im Dienst des Vereins. Doch kurzfristig wurde auch dieser Termin am Donnerstagnachmittag auf Wunsch von Palm abgesagt. Und je mehr Personen des mehr als 3000 Mitglieder starken Sportvereins von dieser Angelegenheit erfahren, umso mehr wird die Personalie in den Abteilungen hinterfragt - und es scheint sich auch Widerstand gegen die überraschende Änderung zu formieren.

Schon länger hatte es hinter den Kulissen an der Führungsspitze des Mehrspartenvereins offensichtlich rumort. Doch weder das dreiköpfige Präsidium - Alt-Landrat Heinrich Frey, Petra Otterbach und Hans-Michael Jungwirth - noch TSV-Geschäftsführerin Palm waren in der Lage, den sich anbahnenden Konflikt in konstruktivere Bahnen zu lenken. Statt Kompetenzen abzugrenzen, zu bündeln und neu zu überdenken, blieb die Situation ungeklärt. Gleichwohl hatten weder Verwaltungsrat noch Delegierte zu dieser Zeit von dem schwelenden Streit erfahren. Der Konflikt eskalierte schließlich zu Beginn dieser Woche - und endete überraschend mit der Kündigung durch die Geschäftsführerin. Eine umgehend an eine Zeitung lancierte Meldung durch ein Präsidiumsmitglied schuf umgehend Fakten, es schien kein Zurück mehr zu geben.

Doch innerhalb des Vereins regt sich seither zunehmend Protest, es gibt Unverständnis quer durch alle Abteilungen: Die "Personalie Palm", so meinen viele, wirft Fragen auf, die möglicherweise noch in größerem Rahmen beantwortet werden sollten. Denn im Kompetenzgefüge des Sportvereins spielte Palm eine gewichtige Rolle: Im Gegensatz zum ehrenamtlichen Präsidenten-Trio, das stets für drei Jahre gewählt wird, war Palm insbesondere mit sämtlichen praktischen Aspekten des Sportbetriebs im Großverein befasst. Otterbach würdigt die TSV-Geschäftsführerin so: Sie habe die Dinge in ihrer mehr als 20-jährigen Tätigkeit "maßgeblich voran gebracht", und ihre Arbeit sei "sehr geschätzt" worden. Es folgt - ungewöhnlich genug - eine detaillierte Beschreibung des Tätigkeitsprofils. Ein intimer Kenner des Vereins indes bringt es auf den Punkt: "Die Carola", sagt Winnie Wobbe, "ist die Einzige, die im Verein voll durchgeblickt hat".

Nun scheint sich eine Art Palastrevolution beim TSV Starnberg anzubahnen: Während Georg Kendl als Vorsitzender des TSV-Verwaltungsrates zur Zurückhaltung mahnt - seiner Meinung nach ist es ausgesprochen schwierig, geeignete Persönlichkeiten für den Vorstand zu gewinnen -, erwägen andere die Einberufung einer außerordentlichen Delegiertenversammlung. Dies aber kann laut Vereinssatzung nur auf Antrag des Präsidiums, des Verwaltungsrats oder durch 25 Prozent der rund 80 Vereins-Delegierten erfolgen.

Heinrich Frey, der im November 2007 als Nachfolger des ein Jahr zuvor erklärungslos zurückgetretenen Rolf Schlagintweit insbesondere als Repräsentant zum TSV-Präsidenten gewählt worden war, räumte auf SZ-Nachfrage nicht zu bereinigende "atmosphärische Störungen" seit November und "Missverständnisse" zwischen Präsidium und Palm ein. Die Geschäftsführerin habe zwar "gute Arbeit gemacht", aber an ihrer Entscheidung könne er nichts ändern. Frey: "Wir wollen das Ganze sauber über die Bühne bringen."

Ganz so glatt aber scheint die Sache nicht zu laufen: Palm enthielt sich mit Hinweis auf ihr Anstellungsverhältnis jeglichen Kommentars, sagte aber die Teilnahme an ihrer offiziellen Verabschiedung am Montag, 9. Februar, kurzerhand ab. Nun darf man gespannt sein, wie die Angelegenheit weitergehen wird. Fest steht nur: Sollte es nicht doch noch zu einer Einigung in letzter Minute kommen, worauf viele insgeheim hoffen, könnten dem TSV 1880 Starnberg wieder einmal schwere Zeiten bevorstehen.

© SZ vom 06.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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