Starnberg:Gefräßige Fische

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Kommunalpolitiker erwägen, Graskarpfen im Weßlinger See einzusetzen, um lästigen Schlingpflanzen in Schach zu halten. In Raisting hat man allerdings mit den Fischen schlechte Erfahrungen gemacht.

Armin Greune

Der Einsatz des Mähboots hat nur vorübergehend Erfolg gebracht: Die lästigen Schlingpflanzen im Weßlinger See wuchern weiter. Die Gemeinde erwägt deshalb eine langfristige biologische Bekämpfung: Ausgesetzte Graskarpfen sollen das Gestrüpp in Schach halten. In Raisting hat man so freilich den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben: Durch den Fischbesatz entwickeln sich dort im Freizeitweiher jeden Sommer Massen von sogenannten Krötenhaut-Algen, die viele Besucher vom Bad abhalten.

Bisher hält ein Mähboot die Pflanzen kurz. Diese Aufgabe könnten auch Karpfen übernehmen. Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Zwei Tage lang war die Mähmaschine auf dem Weßlinger See Ende vergangener Woche unterwegs, um die Unterwasservegetation bis in zwei Meter Tiefe zu beseitigen; rund 3000 Euro muss die Gemeinde für die Aktion bezahlen. Doch nur wenige Tage später gingen wieder erste Klagen über das Gestrüpp von Bürgern im Rathaus ein: "Offenbar haben sich in einigen Uferbereichen die Pflanzen wieder aufgerichtet", meint Ronald Buß, der für die Weßlinger Liegenschaften zuständig ist. Bereits im Vorjahr hatte die Gemeinde erstmals ein Spezialboot angefordert, das die lästige Unterwasservegetation einkürzte. Der Erfolg war gering, was Bürgermeister Michael Muther darauf zurückführt, dass seinerzeit das Mähgut nicht aus dem See geschafft wurde, sondern auf den Gewässerboden zurücksank. Deshalb ist das motorgetriebene Amphibienfahrzeug "Truxor" heuer mit einem Fangkorb ausgerüstet worden, der regelmäßig am Ufer entleert wurde. Mehrere Lkw-Ladungen voll Schlingpflanzen wurden abgefahren.

Doch Muther war von Beginn an klar, dass der verstärkte Lichteinfall nach der Mahd das Wachstum der verbliebenen Pflanzen und Algen begünstigt. Um das Kraut auf Dauer in Zaum zu halten, käme nach Auskunft des örtlichen Fischereivereins eventuell ein Besatz mit pflanzenfressenden Graskarpfen in Frage, berichtete der Bürgermeister in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dazu müssten allerdings noch die Fischereifachberatung und das Wasserwirtschaftsamt angehört werden.

Muther ist gut beraten, den Besatz sorgsam abzuwägen. Graskarpfen dürfen nur in geschlossenen Gewässern gehalten werden, aus denen sie nicht entkommen können - was im Prinzip auf den Weßlinger See zutrifft. Seit den 1960er Jahren wurde in einigen bayerischen Teichen und Seen versucht, übermäßigen Pflanzenwuchs mit den importierten Fischen zu bekämpfen. So auch im Raistinger Baggersee: Das Badegewässer war zuvor zu einem Drittel mit Schlingpflanzen und Seerosen zugewachsen, sagt Bürgermeister Max Wagner. Die gefräßigen Graskarpfen räumten damit auf, doch seit 15 Jahren hat man nun mit anderen Problemen zu kämpfen: Weil sämtlicher anderer Bewuchs beseitigt ist, entwickeln sich jeden Sommer große Mengen an sogenannten Krötenhautalgen. Die grüngrauen Klumpen gedeihen im vom Kot der Fische überdüngten Wasser prächtig, treiben sie an der Oberfläche, ist vielen Besuchern das Baden verleidet. Jahrelang stellten die Raistinger Fischer den Graskarpfen nach, doch drei bis fünf jährlich gefangene Exemplare reichten bei weitem nicht, um den Bestand spürbar zu verringern. Auch alle Versuche, Seerosen oder Schilf zu pflanzen, scheiterten an den gefräßigen Fischen: "Heute wissen wir, dass viel zu viele ausgesetzt wurden", meint Wagner. Sein Fazit: Vor einem Besatz sollte man eine genaue Studie in Auftrag geben. Der Bürgermeister betont, dass die Algen für die Badenden nur lästig sind, die Wasserqualität des Landschaftsweiher sei völlig in Ordnung.

Dies gilt auch für den Weßlinger See - egal ob er dicht bewachsen oder frisch gemäht ist. Seit er 1981 kurz vor dem Umkippen stand, wird er durch eine Pumpe künstlich beatmet, zudem reichern Schilf und Uferbewuchs das Wasser mit Sauerstoff an. Die Schlingpflanzen, die zuletzt schon kleine Inseln auf dem See bildeten, stellen kein direktes Gesundheitsrisiko dar. Freilich sei schon ein Schwimmer hängen geblieben und in Panik geraten, sagt Muther. Die Wasserwacht musste den Mann vom Gestrüpp befreien.

© SZ vom 03.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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