Starnberg:Gefährliche Steilwand

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Polizei will Taucherparadies für Anfänger sperren. Tauchsportler wehren sich dagegen.

Armin Greune

Bis zu 80 Taucher sind an manchen Tagen an der Steilwand von Allmannshausen unterwegs. Foto: Gartzen (Foto: Lino von Gartzen)

In der Frage einer Einschränkung des Tauchbetriebs an der Allmannshauser Steilwand sind offenbar die Fronten zwischen Freizeitsportlern und Sicherheitsorganen verhärtet. In Folge des tragischen Unfalls am Palmsonntag wiederholte Starnbergs Polizeichef Norbert Reller am Montagnachmittag beim Seengespräch im Starnberger Landratsamt seine Forderung, dort keine Ausbildungstauchgänge zu gestatten. Vertreter des Bayerischen Landestauchsportverbands (BLTV) bezweifelten freilich, dass dieser Tauchplatz besondere Gefahren berge: "Die Steilwand ist keine Todeswand", sagte Klaus Cepl, als BLTV-Vizepräsident für die Ausbildung verantwortlich: Angesichts von mehr als 3000 Tauchgängen jährlich "passiert dort wenig".

"Die Argumente kann ich nicht nachvollziehen", widersprach Reller vehement: "Es kann so nicht weitergehen, wir müssen ein Signal setzen." Am Palmsonntag kamen nahe der Seeburg zwei 67 und 47 Jahre alte Taucher nach einem Notaufstieg aus 56 Metern Tiefe ums Leben, der dritte im Team aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck wurde schwer verletzt. Für Reller war "ganz klar, dass die Diskussion nun von vorne beginnt", auch wenn es vorerst "unseriös" sei, über die Ursachen des Unglücks zu debattieren, bevor den Ermittlungen ein abschließendes Gutachten vorliegt. Reller sieht in der Steilwand "eindeutig einen gefährlichen Bereich": Während am Westufer des Starnberger Sees noch nie ein tödlicher Tauchunfall vorgekommen sei, haben sich seit 1994 an der Allmannshauser Wand 18 Todesfälle ereignet, mehr als 40 Taucher wurden dort verletzt. Am Bodensee sei am sogenannten Teufelstisch ein generelles Tauchverbot erlassen worden, nachdem dort zwölf Unterwassersportler ihr Leben gelassen hatten. Seit nur noch Einzelgenehmigungen ausgesprochen werden, sei es nicht mehr zu gravierenden Unfällen am "Teufelstisch" gekommen, sagte Reller. Er setzt sich dafür ein, dass an der Allmannshauser Steilwand keine Anfänger mehr abtauchen und forderte für Kontrollen "nachweisbare Eignungszeugnisse", die über den Erfahrungsstand der Taucher Auskunft geben.

BLTV-Präsident Dieter Popel und Cepl sahen allerdings keinen Grund, warum der höchst attraktive Tauchplatz nahe der Seeburg nicht für alle Sportler offen bleiben sollte. Nahe der Seeburg sei "noch nie ein Unfall mit Anfängern passiert", sagte Cepl, der selbst seinem Sohn die Grundzüge des Tauchens an der Steilwand beigebracht hat. Auch vom jüngsten tragischen Unglück waren äußerst erfahrene Rettungstaucher betroffen, die sich "bewusst in eine Tiefe begeben, die gefährlich werden kann": Vor allem die Kälte und Dunkelheit können psychologische Probleme mit sich bringen, sagte Cepl.

"Ein generelles Tauchverbot an der Steilwand halte ich nicht für gerechtfertigt", hatte Landrat Karl Roth bereits zu Beginn der im Zweijahresrhythmus tagenden Expertenrunde gesagt: "Taucher tragen auch zum Image des Sees bei". Der Kientalweg, der von Andechs nach Herrsching herabführt, habe im Lauf der Zeit ähnlich viele Todesopfer gefordert - dennoch käme niemand auf die Idee, den Heiligen Berg für alle zu sperren. Freilich müsse die Taucher-Grundausbildung nicht unbedingt an der Allmannshauser Wand stattfinden, fand Roth. Man suche nach einem Weg, die Situation dort "polizeilich in den Griff zu kriegen". Bei der Umsetzung jeglicher Verbote sah Andreas Fischer, technischer Leiter der Kreiswasserwacht, personelle Probleme: "Das Entscheidende ist, dass es keinerlei Kontrollen gibt".

© SZ vom 23.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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