Starnberg:Die Einbaum-Frau

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"Eine verdammt wackelige Angelegenheit": Katja Dapous betreibt in Seeshaupt Deutschlands einzigen Einbaum-Verleih. Die Holzboote holt sie aus Afrika und vermietet sie für Fahrten auf dem Starnberger See und der Loisach.

Otto Fritscher

Es ist schon eine verdammt wackelige Angelegenheit. Kippt man draußen auf dem See mit dem Gefährt um, heißt es schwimmen. "Man hat keine Chance, einen Einbaum alleine umzudrehen und wieder einzusteigen", warnt Katja Dapous.

Eine wackelige Angelegenheit: Katja Dapous fährt in einem ihrer Einbäume auf dem Starnberger See. Foto: Fuchs (Foto: STA Franz Xaver Fuchs)

Eigentlich ist die Feldafingerin gelernte Schreinerin, doch im Lauf der Jahre hat sie sich auch zu einer Expertin für Einbäume entwickelt. Jetzt betreibt sie hier, in Seeshaupt am Südende des Starnberger Sees, den einzigen Einbaum-Verleih Bayerns, wenn nicht gar Deutschlands. Also lieber den Tipp beherzigen, den Katja Dapous Einbaum-Novizen mit den Weg gibt: Ruhe bewahren! Das heißt konkret: ruhig atmen, ruhig sitzen und ruhig paddeln.

"Eine Fahrt in einem Einbaum kann durchaus meditativen Charakter haben", sagt Katja Dapous. Oder aber auch ganz schön aufregend sein, etwa bei einer Tour auf der Loisach. Sieben Einbäume, Original-Exemplare aus dem Norden von Mosambik, lagert Katja Dapous in einer Scheune bei Percha, sie werden vor allem für geführte Touren auf der Loisach eingesetzt. "Sie fahren sich ungefähr so wie Canadier", erklärt Dapous. Am Starnberger See hat sie nur einen Einbaum liegen, den sie bei Bedarf vermietet. "Die Nachfrage ist noch nicht sehr groß", sagt Dapous, die den Einbaum-Verleih jetzt erst in der zweiten Saison betreibt.

Es war ein harter Weg bis dahin: Ihr Interesse an den urtümlichen Gefährten hatte ein Fund der Gesellschaft für Unterwasser-Archäologie geweckt. Taucher hatten in den neunziger Jahren im Wasser vor der Roseninsel im Starnberger See einen 13 Meter langen Einbaum gefunden, der auf das neunte Jahrhundert vor Christus datiert wird - uralte Tradition also. Insgesamt sind im See schon mehr als zehn Einbäume gefunden worden. "

Mir liegt daran, dass althergebrachtes Wissen nicht einfach verschwindet", erklärt Dapous. Das gilt nicht nur für die Einbäume, sie gibt in München auch Kurse über alte Schreinertechniken, etwa die Verbindung von Hölzern ohne Nägel, Schrauben und Leim. Doch der Fortschritt hat die Einbäume weggespült, selbst in Afrika, im Norden Mosambiks, wo die 45-Jährige nach langen Reisen und Recherchen noch Einbäume aufgetrieben hat.

"Mokoros" heißen die zirka drei Meter langen und 50 Kilogramm schweren Boote dort, woran sich der Firmenname von Dapous - "Morokoro"- anlehnt. "In Afrika fahren die Fischer mit den Dingern ohne Ausleger aufs offene Meer hinaus", staunt Dapous. Das geht in Deutschland nicht so ohne weiteres: einfach losfahren. Auch nicht auf dem See.

Für ihren Einbaum-Verleih, ein Gewerbe also, brauchte sie die Genehmigung der Schlösser- und Seenverwaltung - und die Einbäume brauchen ein Nummernschild, das vom Starnberger Landratsamt zugeteilt wurde. Dann mussten die Boote noch die Abnahme durch den TÜV bestehen. Doch wie prüft man einen Einbaum? "Das Wort kommt in den einschlägigen Vorschriften nicht vor. Der Prüfer hat selbst lachen müssen", erinnert sich Dapous, bevor er mit der nötigen Ernsthaftigkeit ans Werk ging.

Herausgekommen ist etwa die Auflage, möglichst einen Ausleger zu verwenden, damit der Einbaum nicht umkippen kann. Der Einbaum muss sieben Zentimeter Freibord haben - also mindestens sieben Zentimeter aus dem Wasser ragen. Und neben dem Nummernschild baumelt eine Schöpfkelle - falls der Baumstamm mal lecken sollte.

Wer glaubt, ein Einbaum sei einfach ein ausgehöhlter Baumstamm, der befindet sich auf dem Holzweg. "So was kann man vielleicht als Blumentrog oder Viehtränke hernehmen", sagt Katja Dapous. Einen Einbaum zu fertigen, das war früher eine Sache von mindestens zwei Generationen - und so lange war das Boot in der Fischerei oder als Transportmittel dann auch im Einsatz. Nach dem Fällen wurde der Baumstamm, meist eine Eiche, ausgehöhlt, dann ins Wasser gelegt und dieser Vorgang wiederholte sich über viele Jahre mehrmals.

Auch am Starnberger See waren Einbäume bis ins vorletzte Jahrhundert hinein die Arbeitsgeräte der Fischer. Genauere Erklärungen hält eine Ausstellung über die Fischerei im "Museum Starnberger See" bereit.

© SZ vom 20.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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