Sicherheit:Wachdienst für alle

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Wegen der Sicherheitsleute am Weßlinger See weichen Jugendliche in andere Wohngebiete zum Feiern aus. Anwohner fordern von Bürgermeister Michael Muther eine Gleichbehandlung.

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Die Gemeinde Weßling kommt nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Donnerstag haben Jugendliche die Markise des Cafés am See angezündet. Das Feuer konnte noch rechtzeitig gelöscht werden, berichtet die Besitzerin. Der Brand hätte fatale Folgen haben können, denn darüber befindet sich ein Holzbalkon. Schon werden Stimmen laut, den Sicherheitsdienst nicht nur am Wochenende patrouillieren zu lassen, sondern auch an den Wochentagen im Sommer. Denn es zeichnet sich ein weiteres Problem ab: Statt am Seeufer zu feiern, weichen Jugendliche am Wochenende in andere Straßen und Wohnquartiere aus. Der Verleger und Schriftsteller Anton G. Leitner hat daher einen Brief an Bürgermeister Michael Muther geschrieben. Darin bittet er die Gemeinde "im Zuge der Gleichbehandlung der Bürger, ab sofort die Seebestreifungen des Sicherheitsdienstes auf Wohngebiete auszudehnen, die von den Jugendlichen ersatzweise als neue Aufenthaltsorte gewählt werden." Leitner schildert in dem Brief, dass sich in der Nacht zu Sonntag eine Gruppe Jugendlicher auf dem Gelände des Tierladens in der Hauptstraße aufgehalten hätte. Der Tierladen befindet sich in Bahnhofsnähe. "Sie hörten derart laute Musik und lärmten die ganze Nacht über in vermutlich alkoholisiertem Zustand, dass wir auf der gegenüberliegenden Buchenwegseite nur mit Hilfe von Ohrstöpseln schlafen konnten." Auch seine Eltern, die im selben Haus wohnen, seien immer wieder aus dem Schlaf gerissen worden. Leitners Schilderungen gleichen denen der direkten Seeanwohner.

Nicht wenige Weßlinger Gemeinderäte hatten bei der Abstimmung für einen Sicherheitsdienst vor einer Verlagerung der Probleme in andere Straßen gewarnt, was nun tatsächlicheingetreten ist. Die Sozialreferentin des Gemeinderats, Susanne Mörtl, hatte sich in der Mai-Sitzung für einen Streetworker eingesetzt, konnte sich mit ihrer Forderung aber nicht durchsetzen. Christian Zollner hielt das "Ganze für überzogen" und erinnerte an die Gefühlslage von Jugendlichen: "Den Wachdienst hätten wir früher getratzt." Auch Leitners Frau Felizitas, die für die CSU im Gemeinderat sitzt, hatte vor den Folgen eines Wachdienstes gewarnt.

Ihr Mann Anton schlägt in dem Brief an Muther nun eine Lösung vor, die ganz nach ihrem Geschmack sein dürfte: "Da die bisherige Lösung offensichtlich nur einen geringen Teil der Weßlinger Bevölkerung entlastet, und die Jugendlichen ja tatsächlich auch einen Ort für ihre Treffen benötigen, werden wir in der Gemeinde nicht umhinkommen, längerfristig eine nachhaltigere, aber sicher auch kostenintensivere Lösung zu finden, die den Belangen sämtlicher betroffener Parteien entgegenkommt und die Jugendlichen nicht immer weiter in andere Bereiche des Ortes verdrängt, sondern sie so einbindet, dass sie sich in einem zivilisierten Rahmen austauschen können, zum Beispiel unter der Obhut eines Streetworkers, ohne andere zu stören." Das sei für ihn auch eine Investition in die Zukunft.

Seit Juni ist der Sicherheitsdienst im Einsatz; er endet am letzten Wochenende im August. Nach diesen drei Monaten will sich Muther mit allen Betroffenen und dem Gemeinderat zusammensetzen, wie man weiter vorgehen soll. Als Testlauf ist die ganze Aktion deklariert. Ausgemacht ist zudem, dass der Bürgermeister wöchentliche Berichte vom Wachdienst erhält. Allerdings steht Weßling mit den wilden Feten nicht alleine da. Auch am Ammersee gibt es Probleme, außer in Herrsching vor allem am Westufer in Utting. Dort ist der Summerpark betroffen, der in diesen Tagen zur Feiermeile für Abiturienten geworden ist. In den vergangenen Wochen war die Zahl der Feierwütigen so groß, dass sich der dortige Wachdienst aus Sicherheitsgründen zurückziehen musste. Die Dießener Polizei sah sich wegen Unterbesetzung ebenfalls nicht imstande, für Ruhe zu sorgen. Auch in Weßling rückt die Herrschinger Polizei wegen Ruhestörung nicht sofort an. Diese Erfahrung haben die Anwohner machen müssen.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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