Schondorfer Miniaturskulpturen:Immer wieder montags

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Bildhauerin Katharina Ranftl hatte immer nur zu Wochenbeginn Zeit, in Schondorf an ihren kleinen Holzskulpturen zu schnitzen. 200 Stück entstanden so, alle sind verkauft. Eine Erfolgsgeschichte

Von Katja Sebald, Schondorf

Die "Montagsfiguren" von Katharina Ranftl sind eine Erfolgsgeschichte, sie sind Dorfgespräch und Publikumslieblinge - und sie sind fast alle verkauft. Am vergangenen Wochenende versammelten sich einige der Montagsfiguren noch einmal zu einer Ausstellung am Ort ihrer Entstehung in Schondorf, die 200. und letzte der kleinen Holzskulpturen wurde versteigert.

Katharina Ranftl, 1984 in München geboren, absolvierte in Garmisch eine Ausbildung zur Holzbildhauerin. Vor einigen Jahren bezog sie das winzige ehemalige Fremdenverkehrsamt in Schondorf, nannte es "Atelier für Kleinskulptur" und richtete dort eine ganz eigene Art von "Fremdenverkehr" ein: Jeden Montag saß sie, von draußen gut sichtbar, an ihrer Werkbank und schnitzte eine kleine, kaum handgroße Figur auf einem schlanken Sockel. Danach musste sich der oder die neu hinzugekommene "Fremde" mit den anderen Bewohnern des Schaufensters arrangieren. Freundschaften wurden geschlossen und Konflikte ausgetragen, es gab Liebesgeschichten und kleine Skandale, so lange, bis wieder eine Figur, die einen Käufer gefunden hatte, "abreiste" oder bis am folgenden Montag eine neue hinzukam.

Mal mit Schwimmreifen, mit Morgenmantel oder extravagant: 200 Montagsfiguren hat die Schondorferin Katharina Ranftl geschaffen. (Foto: Nila Thiel)

Die besten Schondorfer Tratsch- und Klatschgeschichten über das flotte Oldie-Pärchen Mike und Charlotta, über die angesagte Friseuse Monique mit dem kessen violetten Pagenkopf oder die hübsche Italienerin Francesca, die allen Männern den Kopf verdrehte, veröffentlichte die Künstlerin zusammen mit dem Foto der jeweils neuen Figur auf ihrer Homepage.

Mit den Montagsfiguren hatte Katharina Ranftl aus der Not eine Tugend gemacht: Sie hatte nur montags Zeit für ihre künstlerische Arbeit, weil sie an den anderen Tagen ihrem Brotberuf nachging. Und das kleine Atelier erlaubte keine Skulpturen im großen Format. Das sympathische und witzige Kunstprojekt, das obendrein extrem niedrigschwellig ist, brachte der Künstlerin Glück: 2014 wurde sie dafür mit dem Kulturförderpreis der Stadt Landsberg ausgezeichnet, ebenfalls 2014 erhielt sie den renommierten "Dannerpreis". Die kleinen Figuren, die 2012 erstmals im Rahmen der Dießener Ausstellung "Das kleine Format" zu sehen waren, entwickelten sich schnell zum Verkaufsschlager. Nur einige wenige waren der Künstlerin am Ende geblieben, die meisten musste sie sich als Leihgaben für die Ausstellung zurückholen. Die Montagsmenschen und Montagshunde entstanden stets aus der Inspiration, nicht nach realen Vorbildern. Dennoch verkörpern sie aufgrund ihrer Körperhaltung oder ihrer oft extravaganten Kleidung einen bestimmten Typ. Man meint, sie zu kennen. Darüber hinaus kommen längst Menschen mit einem Foto ihres Lebenspartners, ihres Kindes oder auch ihres Hundes zu Katharina Ranftl, um eine Figur im Stil der Montagsfiguren in Auftrag zu geben. Dennoch soll das Projekt jetzt mit der 200. Figur und der Ausstellung, zu der auch ein Katalog erscheint, zum Abschluss kommen.

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(Foto: Nila Thiel)

Um ihre ausstellen zu können...

...musste sie die verkauften Stücke als Leihgaben zurückholen.

Eine Wand des winzigen Ausstellungsraums ist bereits aktuellen Arbeiten gewidmet: Die "Orishas", aus verschiedenen, zum Teil exotischen Hölzern gefertigt, sind ebenfalls kleine, schlanke Figuren. Sie tragen einen Helm aus Wachteleierschalen oder eine Rüstung aus Wespennestern, einen Anzug aus Bienenwachs, einen Turban aus gewickeltem Papier oder eine Krone aus Fischgräten. Vorbilder für diese geheimnisvollen kleinen Naturgöttinnen sind ägyptische Grabbeigaben oder auch afrikanische Kunst. Geschnitzt werden sie an allen Wochentagen, nur nicht montags.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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