Premiere:Ende der Eiszeit

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Innings Gemeinderäte freuen sich über einen hochmodernen Sitzungssaal im sanierten Rathaus. Die Zeiten, in denen die Mandatsträger sich im unterkühlten Haus der Vereine in warme Decken hüllten, sind endgültig vorbei

Von Astrid Becker, Inning

Ein wenig wirken die Inninger Gemeinderäte an diesem Abend so, als hätten sie im Lotto gewonnen. Ausnahmslos betreten sie alle den Sitzungssaal mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Das mag aber nur auf Anhieb an dem Glas Prosecco liegen, das ihnen ihr Kollege Werner Huttner (CSU) stellvertretend für Bürgermeister Walter Bleimaier in die Hand drückt. Normalerweise ist das im Inninger Gemeinderat - zumindest so kurz vor einer Sitzung - nicht üblich. Doch an diesem Tag hat das Gremium etwas zu feiern: seine erste Sitzung in den neuen Räumlichkeiten im sanierten und umgebauten Rathaus.

Eines fällt dabei sofort allen auf: Die Räume sind beheizt. "Richtig kuschlig" findet es dort zum Beispiel die Zweite Bürgermeisterin Monika Schüßler-Kafka (Freie Wähler). Und auch Katrin Nicolodi (BI für Innings Zukunft) und Angelika Wenisch (SPD) können dem nur beipflichten. Tatsächlich zeichnete sich der Saal im Haus der Vereine, wo das Gremium mehr als 30 Jahre tagte, im Winter durch Eiseskälte aus. Viele der Gemeinderäte hatten daher in den teils recht langen Sitzungen ihre Daunenjacken meistens nicht einmal ausgezogen und sich nur mit Tee oder einem speziellen Gebräu aus heißen Zitrussäften und Zucker vor drohenden Erkältungskrankheiten geschützt oder sich in warme Decken gehüllt.

1952 tagte der Rat an einem Schreibtisch (links Bürgermeister Ludwig Schüßler, daneben Johann Kammerloher). (Foto: Privat)

Das ist nun Vergangenheit. Das digitale Thermometer an der Wand zeigt angenehme 23 Grad Celsius Raumtemperatur. Auch die Akustik ist in dem deutlich kleineren Raum als im Haus der Vereine weitaus besser - was auch Bürgermeister Bleimaier gleich zu Beginn der Sitzung in Richtung der zwölf Zuhörer bemerkt, die "uns nun endlich besser verstehen." Eben, weil nun alle ein wenig enger zusammenrücken müssen als im Haus der Vereine.

Trotzdem geht es jetzt recht hochmodern in diesem Sitzungssaal im Inninger Rathaus zu. Wie hochmodern der Raum wirklich ist, zeigt der Vergleich mit einem Foto, das die einstige Gemeinderätin und heutige Ortshistorikerin Jutta Göbber jedem jetzigen Gremiumsmitglied zum Einzug in den neuen Sitzungssaal schenkt. Es stammt aus dem Jahre 1952. Vor allem zwei Gemeinderäte dürfte dieses Bild besonders berühren. So sind dort die Großväter von Monika Schüßler-Kafka, Ludwig Schüssler in seiner Eigenschaft als damaliger Bürgermeister, und von Günter Kammerloher (CSU), Enkel von Johann Kammerloher, darauf abgebildet. Zu sehen sind aber auch die beengten Verhältnisse dieser Zeit. Getagt wurde seit 1948 am Schreibtisch im ersten Stock der einzigen zwei Mitarbeiterinnen des Rathauses dieser Zeit, genau über dem jetzigen Sitzungssaal.

Das war damals fortschrittlich. Denn zunächst hätten Sitzungen immer beim Bürgermeister zuhause oder im Gasthaus stattgefunden, berichtet Jutta Göbber. 1906 sei dann die Gemeindekanzlei in den heutigen Sitzungsraum eingezogen, bis sie 1948 wegen der enormen Wohnungsnot in den ersten Stock auswich. Das Erdgeschoss, also auch der Sitzungssaal, wurde später als Kindergarten genutzt. Der Gemeinderat zog erst 1975 aus dem ersten Stock des Gebäudes ins Feuerwehrhaus um, ehe er im Haus der Vereine tagen konnte.

Heute hat der Rat etwas mehr Platz. (Foto: Arlet Ulfers)

"Der Umzug ist also in Wahrheit eine Rückkehr", sagt Jutta Göbber. Und wohl auch ein Bekenntnis zu modernen Zeiten: So gibt es nun dort eine Anlage, die Schwerhörigen das Verfolgen der Sitzung mit speziellen Kopfhörern ermöglicht. Vorhanden ist auch ein hochmoderner Beamer und sogar eine Dokumentekamera, mit der beispielsweise Pläne, die nur in Papierform vorliegen, an die Wand projiziert werden können. In den runden Tisch aus hellem Holz, an dem die Räte sitzen, sind Steckdosen und USB-Anschlüsse integriert. Denn ihre Sitzungsunterlagen rufen die Gremiumsmitglieder schon seit geraumer Zeit nur mehr elektronisch ab.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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