Pöcking:Müde und fröstelnd

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Seit acht Jahren ebenso ein Thema in Pöcking wie in vielen anderen Kommunen: Die Flüchtlingsunterbringung. Hier diskutierte Bürgermeister Schnitzler im Jahr 2015 mit dem aus Äthiopien geflohenen Sharif Mohamed und Betreuerin Anke Klostermeier. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach den Strapazen der Reise klagen Flüchtlinge vor allem über die Kälte. In der kommenden Woche werden auch die Zelte in Pöcking belegt. Das Landratsamt lässt sicherheitshalber Ersatzheizungen installieren

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Die Spinde kommen aus Weißrussland, die Betten aus der Ukraine: Für Stefan Hinze vom Katastrophenschutz wird es immer schwieriger, die Ausstattung für die Asylbewerberunterkünfte im Landkreis Starnberg zu organisieren. "Die Firmen kommen nicht hinterher", sagt Hinze. Zwar seien die Preise noch nicht gestiegen, aber die Lieferfristen würden immer länger.

Ob Waschmaschine, Herd, Federbetten oder eine Erstausstattung Geschirr für jeden Asylbewerber - bislang hat Hinze es noch jedes Mal geschafft, dass die Flüchtlinge pünktlich in eine warme Unterkunft einziehen können. Auch die Zelte am Pöckinger Sportpark sind fast fertig. Nur die Wege müssen noch geteert und die Heizung angeschlossen werden. Wie Landrat Karl Roth bei der Begehung am Mittwoch erklärte, werden in der kommenden Woche die ersten Flüchtlinge einziehen. Zunächst sollen 15 Menschen in Pöcking untergebracht werden, am Ende werden es 128 sein.

Michaela Oswald von der Betreiberfirma Better Place wird das Zeltmanagement übernehmen. Man werde versuchen, bei der Unterbringung auf die Nationalität der Flüchtlinge zu achten, sagte sie. Doch das sei schwierig, weil der Landkreis solche Informationen oft erst kurzfristig bekomme. Die Pöckinger Zeltanlage ist baugleich mit der Unterkunft in Tutzing. Dort seien einige Asylbewerber auch gemischt untergebracht und es gebe keine Probleme, versicherte Oswald. Nach ihren Erfahrungen klagen manche der Bewohner lediglich über die Kälte. Daher werde sehr viel geheizt. Um zu verhindern, dass die Heizung einmal ausfällt und die Flüchtlinge frieren müssen, soll deshalb laut Landrat Roth jede Zeltunterkunft in Berg, Tutzing und Pöcking mit einer Ersatzheizungsanlage ausgestattet werden.

Die Zeltanlage stieß auf großes Interesse in Pöcking. Die Bürger strömten am Mittwoch zu Hunderten in die Anlage. Immer wieder wurde bezweifelt, ob die für die Flüchtlinge ungewohnten deutschen Toiletten genutzt werden. Doch nach Angaben der Leiterin des Helferkreises, Anke Klostermeier, hat es in den vorhandenen Unterkünften bislang keine Probleme gegeben, auch nicht mit den weiblichen Betreuern. Für die sieben jungen Männer, die Klostermeier persönlich seit Mai betreut, sei sie "die Mama". Wie sie festgestellt hat, sind die Menschen bei der Ankunft oft sehr müde. Zu viel hätten die Asylbewerber während ihrer oft monatelangen Flucht erlebt. "Doch jetzt haben sie Sicherheit." Allerdings brauchen die Flüchtlinge ihrer Erfahrung nach viel Zuwendung und Aufmerksamkeit. In Pöcking gibt es laut Klostermeier glücklicherweise noch immer genügend ehrenamtliche Helfer. Stolz verwies Bürgermeister Rainer Schnitzler auf das Engagement der Pöckinger Ärzte, die Flüchtlinge behandeln wollen. Schwierig wird es nach Schnitzlers Angaben aber, geeignete Räume für Unterricht und Betreuung der Asylbewerber zu finden, denn der Platz in der alten Sozialstation reicht jetzt schon nicht mehr.

Die Zelte in Pöcking sollen zunächst nur für ein Jahr stehen, denn an dem Standort ist das Haus der Bürger und Vereine geplant. Bis spätestens 2017 soll Baubeginn sein. Doch der Landkreis sei in Not gewesen, daher habe er das Areal kurzfristig zur Verfügung gestellt, sagte Schnitzler. Und vielleicht findet der Rathauschef auch ein anderes Areal, auf dem die Flüchtlinge auf Dauer untergebracht werden könnten. Er habe bereits Ideen, das sei aber noch nicht spruchreif, sagte er.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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