Nepomuk:Oskar Maria Graf und die Panduren

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Was passiert, wenn sich Geister einsam fühlen

Von Eurem Nepomuk

Es mag sich kaum jemand vorstellen können, aber ein Geist kann sentimental werden. Vor allem, wenn sich so ein Geist einsam fühlt. Weil es so wenig Geister gibt im Fünfseenland. Das lernen ja schon die Kinder im Kindergarten! Und: Das ist durchaus korrekt so. Ich hab' ja selber auch schon lange keinen Geist mehr hier in der Gegend getroffen. Nicht mal in Starnberg.

Darum schleiche ich mich immer wieder in die Volkssternwarte in Berg. Dort schau' ich stundenlang ins Firmament, weil ich mich mit den Sternen so seelenverwandt fühle. Denn viele, die man da so sieht, gibt es gar nicht mehr. Man denke einfach mal an das Licht der Sterne, das uns erst dann erreicht, wenn diese Himmelskörper schon längst erloschen sind. Und wenn ich dann da so schaue, fällt mir noch ganz vieles andere ein, das es hierzulande nicht mehr gibt. König Ludwig zum Beispiel. Das ist zwar alles ein alter Hut, aber schön war das trotzdem, als zu seinen Lebzeiten der See in einen Ring aus Feuer getaucht wurde und er mit seinem Dampfschiff "Tristan" übers Wasser gondelte.

Alle Welt sprach damals auch noch von den Panduren, die 1710, von einem Fischerbuben auf brüchiges Eis gelockt, im See versunken sein sollen. Hartnäckig hielt sich die Legende, die Leiber der Panduren nebst ihrer türkischen Säbel lägen auf dem Grund. Seit 2001 ist auch das vorbei - und das nur, weil ein Unterwasserforscher mit einem Mini-U-Boot herumkurvte und statt Panduren nur Abwasserrohre entdeckte. Ach, und da waren noch die Literaten, die sich hier herumtrieben. Große Namen waren das: Oskar Maria Graf, Thomas Mann, Herbert Achternbusch, Nepomuk senior. Längst vorbei. Auch wenn hier noch immer viel geschrieben wird: meist Krimis, oft von Leuten, die so untalentiert sind, dass die Sterne freiwillig ausgehen. Schöngeister gibt es hier nicht mehr. Höchstens im Kloster Andechs. Aber nicht mal das ist gewiss. Da soll öfter mal Pater Anselm Grün zu sehen gewesen sein. Gut, es heißt, er habe dort keine Bestseller wie sonst geschrieben, sondern nur das arme Kloster wirtschaftlich beraten. Aber die Leute reden ja viel Schmarrn. Und ich selbst war nicht dabei. Ich war Sterne schauen. Warum? Na, das wisst Ihr ja jetzt,

Euer Nepomuk

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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