Nepomuk:Karl und die Kamele

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Mit den großen Tieren ist das ja so eine Sache. Aber manchmal hilft auch schon ein Geier weiter. Im Gemeinderat

Von EUrEm NEPOMUK

In Japan ist es leider so, dass viele Leute vor lauter Arbeit gar nicht mehr zum Urlaubmachen kommen, sie schicken deshalb ihre Stofftiere los. Eine Reiseagentur bietet dafür tolle Touren an. Der unternehmungslustige Bär zum Beispiel kann an der japanischen Westküste ausspannen, Bootstrip inklusive. Und für den gläubigen oder orthodoxen Tiger gibt es die Pilgerreise mit Tempelbesuch, die Daheimgebliebenen dürfen sich dann an Urlaubsgrüßen und Fotos per Mail erfreuen. Was für eine schöne Idee! In Wahrheit stellt der Urlaub für den Kuscheltierbesitzer doch eine arge Belastung dar. Ja, der Mensch könnte gut und gern darauf verzichten, wenn er dann nicht notgedrungen in die Arbeit gehen müsste. Der Ärger beginnt bei der Planung und endet an überhitzten Stränden, in überlaufenen Städten und ömmeligen Hotels. Am Ende reden Freunde kein Wort mehr miteinander, Ehen sind zerrüttet, wer mag da noch von Erholung reden? Wie viel entspannender ist es dagegen, das Stofftier den Urlaub antreten zu lassen - der Besitzer tut Gutes und darf friedlich zu Hause bleiben. Heinrich Böll ließ in seiner Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit" noch Schauspieler aufmarschieren, weil keiner aus der Familie mehr Lust hatte, jeden Tag mit Tante Milla Heiligabend zu feiern. Man muss sagen: Stofftiere hätten es auch getan.

Meine lieben alten Freunde Wolfram Gum und Rudolf Krug, die Bürgermeister von Seefeldaka und Tutzimatsu, sind bekanntlich ebenfalls große Kuscheltierfreunde. Beide setzen bei Haushaltsberatungen einen Pleitegeier auf den Ratstisch; er soll alle dazu ermahnen, sparsam zu sein. Naheliegend wäre natürlich, auch Gemeinderäte und andere Persönlichkeiten durch Wesen mit Knopf im Ohr zu ersetzen. Wolfgang Marchner etwa - nein, ganz falsch: Der Mann ist in Tutzing nicht zu ersetzen. Aber vielleicht die Grüne Christine Nimbach. Sie könnte ihrer Arbeit nachgehen, und neben ihrem Fraktionskollegen Bernd Pfitzner säße dann ein Igel mit Gründach-Frisur. Das ist womöglich die Zukunft: Bürgermeisterin Eva John berät mit 30 Stofftieren über die Seeanbindung und die Umfahrung von Starnbersaki, beides wird ja ohnehin nicht kommen! Und CSU-Landrat Karl Roth ersetzt die Landkreisbevölkerung durch 131 218 Katzen, Hasen, Krokodile, Füchse und Kamele und regiert so lange, bis er selbst einen Ehrenplatz im Stofftier-Altenheim bekommt, dem Chofu-Kujuji-Tempel bei Tokio. Ob ihm das gefallen würde? Nein, er müsste dazu nach Japan reisen, weiß euer nepomuk

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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