Nepomuk:Heute grau, morgen blau

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Anthrazitfarbene Dächer? Wäre das der Untergang? In Utting wahrscheinlich schon

Von Euer Nepomuk

Neulich habe ich mich einmal über den Ammersee gewagt und in Utting umgesehen. Ihr wisst schon, das ist die Gemeinde, die mit meinem altem Spezl Lutzenberger Joe den ersten grünen Bürgermeister weit und breit hatte. Und die seitdem noch schwärzer geworden ist, was die Politik betrifft, ultrakonservativ wär' noch untertrieben. Dafür sorgt schon eine Bürgerschaft, die in nullkommanichts auf die Barrikaden geht, wenn irgendwo eine unliebsame Neuerung droht. Ob Lidl-Markt, Polizeibootshaus oder Strandbadmarkise: Schnell sind ein paar Tausend Unterschriften gesammelt, die aufs Allerschärfste gegen das Vorhaben protestieren.

Wer durch Utting bummelt, kann die Beständigkeit förmlich einschnaufen. Während in den Nachbarorten Schondorf, Riederau und Dießen hochmoderne Häuser aus dem Boden schießen, ist die neuere Architekturgeschichte seit 1920 an Utting und Holzhausen nahezu spurlos vorbeigegangen. Ein schönes Beispiel, wie orthodox dort der Gemeinderat die Bauordnung auslegt, konnte ich in der jüngsten Sitzung miterleben: Hatte sich doch ein Bauherr erfrecht, einen "abweichenden Farbton der Dacheindeckung" zu beantragen! "Anthrazitfarben", wo doch der Bebauungsplan nur "rote bis rotbraune Dachpfannen" zulässt. Also, das lässt sich Utting nicht bieten, wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt: Einstimmig abgelehnt. Und Punkt. Die Rechtfertigung, dass in der Nähe des Neubaus zuvor dunkelrote Dachhäute längst zu gräulichen Tönen verwittert sind, wurde förmlich weggewischt. Daraus lasse sich kein Bezugsfall für eine abweichende Farbwahl herleiten - da hatte sich die Gemeinde schon beim Planungsverband abgesichert. Das beste Argumente aber brachte meine alte Freundin, die Standfest Renate, vor: Wenn man jetzt anthrazit genehmige, bekäme man am Ende gar blaue Dächer, wie sie es unlängst in Franken erblicken musste. Mei, die grüne Renate ist halt mehr nach Westen orientiert, weil sie doch Landrätin in Landsberg werden wollte. Aber sie müsste zum Gruseln gar nicht so weit reisen, wenn sie es auch mal über den Ammersee schaffen würde: An den südlichen Ortsrändern von Herrsching und Starnberg sticht das blaue Grauen auf Dächern schon von weitem ins Auge, weiß

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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